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Der Ausbau des Triftwesens als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
Wie sehr die armen Waldbewohner des Pfälzerwaldes auf die
Trift angewiesen waren, erhellen die Aussagen zweier Elmsteiner Lehrer.
Zunächst wendelin HAGE im Jahre
1847: "... Die meisten Gemeindeglieder sind geborene
Holzhauer. Kein Geschäft, kein Erwerb, kein Aufenthalt ist ihnen lieber als der
Wald. Auch die Frauen und Mädchen, denen fast ausschließlich die Besorgung des
Hauswesens und die Bestellung der ärmlichen Äcker obliegt, bringen viel Zeit
mit dem Aufsuchen der Futterkräuter und der Streu im Walde zu. Mit der Kultur
und Gewinnung des Holzes hängt der Transport, das Schuppen und Schlitteln
desselben zusammen. Mit Beginn des Frühjahrs wendete sich eine bedeutende
Anzahl von Holzhauern der Flößerei des Triftholzes zu. Andere bauen neue
Holzabführwege durch die Berge und neue Kanäle der Triftanstalt."
baptist berghofer schreibt
im Jahre 1910: "... Die meisten Bewohner finden noch heute ihre
Hauptbeschäftigung im Wald. Der Lohn ist auf 2,50 Mark gestiegen. Die Trift hat
seit Bestehen der Talbahn (1909) aufgehört. Die Frauen bestellen nach wie vor
das Feld. Die meisten Familien besitzen ein Häuschen, eine Kuh und etwas Feld
und Wiesen. Manche arbeiten auswärts in Steinbrüchen, bei Straßen-, Hoch- und
Tiefbauten. Bei Elmstein selbst sind 2 Steinbrüche in Betrieb. Die Fuhrleute
sind mit Anfahren von Holz, Steinen und Holzkohlen reichlich beschäftigt. (70) Die männliche Bevölkerung der abgelegenen Walddörfer in
den schwierigen Jahrzehnten vor und nach der Revolution von 1848 fand Arbeit
als Holzhauer, als Flößer, aber auch als Arbeiter in den einheimischen
Steinbrüchen, die vom Staat eröffnet wurden, um die Quadersteine für die
Triftbäche, die Steinbrücken und Straßenmauern zu erhalten. (71) Der Staat
war zu einem Arbeitgeber großen Stils geworden, was sicher nicht mit den
Vorstellungen der liberalen Kräfte der Zeit in Übereinstimmung zu bringen ist.
Ein Blick in die Ausgaben-Aufstellungen des Triftamtes Neustadt eines beliebigen
Jahrgangs verdeutlicht, wie viele Wirtschaftsbereiche der Pfalz von dem
Triftbetrieb profitierten. Als Beispiele dienen die Rechnungsjahre 1850/51 und
1852/53. Politisch waren diese Jahre gekennzeichnet durch eine scharfe
Reaktionsphase nach der mißglückten Revolution von 1848/49, die gerade in der
Pfalz tiefe Wunden geschlagen hatte. Viele Pfälzer zogen damals nach Übersee,
um den Repressalien zu entgehen. (Kap. A. 4.) Von der Triftmeisterei Elmstein mußten
Kanalisierungsmaßnahmen durchgeführt werden, und zwar schlugen 1850/51
derartige Arbeiten am Hochspeyerbach, am Breitenbach und am Kleinen Legelbach zu
Buche. Die Arbeiten waren in Losen ("Loos und Abtheilung") vergeben
worden, die einzeln abgerechnet wurden. So wurden im angegebenen Rechnungsjahr
am Hochspeyerbach vom Fischerthal bis zum Schenkenbrunnen über 600 fl., für
den Ausbau des Breitenbaches gar über 900 fl. und für den Kleinen Legelbach
mehr als 1100 fl. ausgegeben. Kosten entstanden für die Anlage von Schützen, von
"Uferverführungen" am Helmbach unterhalb des Geiswieserwooges und am
Speyerbach. Es mußten die Floßbäche gereinigt werden, was immerhin den Betrag
von 110 fl. ausmachte. An einzelnen Woogen mußten einzelne Teile eingebaut oder
repariert werden. Holzbollerplätze wurden am Breitenbach gebaut, das
Speyerbachufer mußte in Neustadt erhöht werden, und baufällige Mauern mußten
ersetzt werden usw. Viele der Aufträge gingen an die örtlichen Handwerker, so
finden sich in der Aufstellung Posten über die Arbeiten für Schmiede,
Zimmerleute', Schreiberarbeiten; Transportkosten fielen an und wurden an Fuhrunternehmungen
abgegolten. Nachdem auch für die Kanalisierung des Leinbaches und einer
kostspieligen Versetzung des Breitensteiner Woogs höhere Beträge angefallen
waren, betrugen die Gesamtausgaben für die Triftmeisterei Elmstein 5.814 fl.,
während die Ausgaben für die Triftmeisterei Haßloch nur 3.683 fl. lauteten,
so daß für das Triftamt Neustadt die "Totale" 9.498 fl. ergab. Für die Haßlocher Triftmeisterei ergaben sich höhere
Beträge für die Uferbefestigungen und für die Errichtung eines aufwendigen
Floßablasses, der allein 1.478 fl. ausmachte; die Uferverführungen an der
Haßlocher Sägmühle und an der Böhler Scheer wurden mit Flechtwerk
vorgenommen, so daß das Hauen von Flechtgerten mehrmals in der Auflistung
vorkommt. Die Floßablässe, an den verschiedenen Mühlen in der Ebene
erforderten immer wieder die Bereitstellung von Mitteln. Fuhrleistungen im
flachen Land und aus dem Gebirge mußten beglichen werden, Arbeiten für
Schmiede- und Zimmerleute fielen an, so daß auch hier örtliche Handwerker
verdienten. (72) Im Rechnungsjahr 1852/53 reduzierte sich die Gesamtsumme
der beiden Triftmeistereien auf 6.499 fl., wobei für Haßloch nur 1.303 fl. zu
Buche schlugen, während EImstein 5.195 fl. ausgab. 625 fl. kostete der Bau der Kleinlegelbacher Klause, die
zum Betrieb erförderliche Schleusenschraube kostete rund 50 fl. Ein
Naßwiesenschutz, der die Bewässerung der Talwiesen regulierte, erförderte 140
fl. Unterhalb des Weltersbacher Wooges mußte der Speyerbach kanalisiert werden,
wofür in drei Losen insgesamt 1.107 fl. aufzubringen waren. Am Weltersbacher
Woog mußte eine Holzplatzmauer errichtet werden, was 194 fl. kostete. Ein Wassersturz unterhalb der Ludwigsklause im Legelbach
erforderte immerhin 121 fl. Zwei Bauabschnitte der Leinbachkanalisation kosteten
319 fl., außerdem mußten mehrere Brücken gebaut werden, deren Kosten zwischen
70 und etwas über 100 fl. lagen. Die Reinigung des Speyerbachs mußte mit 113
fl. bezahlt werden. Immer wieder fielen Reparaturleistungen an Woogen (z.B.
hier: Speyerbrunner Woog) oder Ufermauern an. Erkleckliche Beträge mußten für
die Triftaufsicht, für Handwerkerrechnungen, für die Herstellung von
Holzbollerplätzen und für Fuhrlöhne aufgebracht werden.(73) Während die bisher betrachteten Triftbaukosten nur die
Sachleistungen oder anonyme Empfänger berücksichtigten, lernt man in den
folgenden Aufstellungen die Namen der Empfänger kennen. Aus dem Etatjahr
1860/61 sind Namen, Wohnort und Geldzuwendungen der Empfänger von
Triftbaukosten aufgelistet. Leider fehlen die Berufsangaben. 109 Posten betrafen das Rentamt Neustadt, 30 das Rentamt
Annweiler Zu berücksichtigen ist, daß einige Personen mehrmals mit Leistungen
aufgerührt sind: wilhelm latrell aus
Weidenthal und georg kuhn aus
Esthal waren bekannte Floßobmänner. (74) Die Vermutung liegt somit nahe, in den anderen Personen
ebenfalls Beschäftigte des Triftamtes zu sehen. 1858 sah der Personalbestand
neben den höheren Triftbeamten und Holzhofverwaltern jedoch nur etwa 11 bis
12 Gehilfen vor, so daß das Triftpersonal insgesamt 23 bis 24 Personen umfaßte.
(75) Die Zahl der Personen in der Empfängerliste ist jedoch beträchtlich
größer. Die Beträge sind sehr unterschiedlich und reichen von 2
fl. bis l. 192 fl. Gerade die hohen Beträge in der Aufstellung sind wohl eher
als Leistungen an Handwerker und Bauunternehmer anzusehen, während die
niedrigeren als Lohnkosten in Betracht kommen. Für georg
kuhn ergeben acht Rechnungsposten vom 27. November 1860 bis zum 14.
November 1861 zusammen 345 fl. 28'/2 kr.; bei wilhelm
latrell liegt die Summe mit 412 fl. 33 kr. bei ebenfalls ach Posten
höher. Die Empfänger der Geldbeträge kamen aus den Orten, die
unmittelbar am Hochspeyerbach bzw. Speyerbach oder in geringer Entfernung von
diesen liegen. Neun Namen erscheinen in der Aufstellung aus EImstein, manche mit
Mehrfachnennung; Aus Esthal kamen neben dem achtmal vertretenen Floßobmann georg
kühn vier weitere Personen. Aus Waldleiningen und von der Sattelmühle
wird jeweils eine Person angeführt. Frankeneck war mit zwei Empfängern
vertreten. Der Hochspeyerbachbereich war weniger berücksichtigt,
neben dem achtmal vertretenen Floßobmann wilhelm latrell kamen aus Weidenthal noch zwei weitere
Empfänger, während Frankenstein nur einmal vorkommt.Aus Lambrecht bezogen drei
Personen Zuwendungen, in Lindenberg zwei. Neustadt war mit elf Empfängern
vertreten, darunter ein Behördenvertreter und einige Firmen Die Auswertung der Aufstellung ergab somit, daß besonders
die Walddörfer an Speyerbach und Hochspeyerbach von dem staatlichen
Wirtschaftsunternehmen Triftamt profitierten. Das gleiche Bild ergibt sich für
das Triftamt Annweiler für Queich-und Lautertrift. Lemberg und Hinterweidenthal (zwei Personen) erscheinen als
Wohnorte für die drei Empfänger; alle übrigen Personen kamen aus Orten, die
dem Queichbereich zuzurechnen sind, und zwar Rinnthal einmal, Annweiler als Sitz
der Triftmeisterei mit sechs Personen (bzw. evtl Firmen); Bindersbach mit einer
dreifach bedachten Person; Eußerthal mit zwei Personen, Godramstein mit drei
Personen, Albersweiler einmal, Landau einmal und das hier aus dem Rahmen
fallende Elmstein mit zwei Empfängern, die bereits in der Neustadter
Aufstellung mit großen Zuwendungen auffielen. An die 30 Empfänger des Annweilerer Bezirks zahlte das
Rentamt Annweiler 5.111 fl. An die 109 Empfänger des Neustadter Bereichs zahlte
das dortige Rentamt gar 10.724 fl. Von diesen beträchtlichen Summen
profitierten die Gemeinden der Empfänger sicherlich auch. (76) Gerd Norbert Meyer, "FLÖßEREI UND TRIFTWESEN IN DER PFALZ", innerhalb des Buches "Altes Handwerk und Gewerbe in der Pfalz, Pfälzerwald", Waldbauern, Waldarbeiter, Waldprodukten- und Holzwarenhandel, Waldindustrie und Holztransport von Helmut Seebach (Herausgeber) erschienen. © bachstelz-verlag helmut seebach Verlagsbuchhandel für Pfalzliteratur Annweiler-Queichhambach 1994, ISBN 3-924115-13-3, Veröffentlichung innerhalb dieser Diplomarbeit mit Genehmigung des Autors und des Herausgebers vom 13.11.2000 |
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