11 Forsthauptmann Hauck
               
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Quelle. „Talpost Lambrecht vom 24. Jan. 1976

 Vom Triftbetrieb auf den Bächen des Pfälzerwaldes

Auf dem Speyerbach herrschte ein großer Tirftbetrieb – Er war das billigste Transportmittel für Holz

Von Forstamtmann F.Hauck

Im  Wanderbuch  des PfälzerwaId-Vereins  für das Jahr 1930 fanden wir einen Artikel von  Forstamtmann  F. Hauck aus  Wachenheim  „Vom  Triftbetrieb auf den  Bächen des Pfälzerwaldes", der unsere Leser gewiß sehr interessieren dürfte, zumal die harte Arbeit des  Holzflößens fast ganz in Vergessenheit geraten ist und nur noch die ausgemauerten Bächufer und Wooge vom Flößen künden. F. Hauck schrieb damals:

Betrachten wir  eine Karte unserer rheinpfälzischen Heimat, so fällt uns, gleichsam als Rückgrat der Pfalz, ein gewaltiger gegen 100 km langer und durchschnittlich 40 km breiter in nord-südlicher Richtung verlaufender Buntsandsteinrücken auf; mit Ausnahme der tief eingesenkten Täler und weniger Rodungen  bildet er ein geschlossenes Waldgebiet, das wir heute Pfälzerwald nennen — im Osten auf seiner ganzen Länge von  der etwa 25 km breiten pfälzischen Rheinebene begleitet, im Südwesten von  den Ackerbaugebieten der südwestpfälzischen Hochfläche, im Norden von  denen  des  nordpfälzischen Berglandes umrahmt.  Ein Kern von  135 000 Hektar Wald also, rings umlagert von fruchtbaren, intensiv bebauten, dicht bevölkerten und  waldarmen Landschaften. Sehen wir  dann weiter, wie von der über den Eschkopf ziehenden Wasserscheide aus in den tiefeingerissenen Schluchten und Tälern zahlreiche Wasseradern,  allmählich zu ansehnlichen Bächen sich entwickelnd, strahlenförmig nach allen Seiten sich ausbreiten und geradewegs  durch die Rheinebene  oder auf Umwegen  über Blies und Nahe durch die ebenerwähnten Ackerbaugebiete der  Südwest- und  Nordpfalz dem  Rheine zustreben, so haben wir  hier ein Schulbeispiel vor uns für die Zusammenlagerung  von Landschaften, die bei zunächst  noch unentwickelten Verkehrsverhältnissen zur Ausbildung und hohen  Entwicklung  des Flößereibetriebes  führen mußte: das fließende Wasser bot sich zur Verfrachtung des im waldreichen und unwegsamen Innern  erzeugten Holzes nach den waldarmen  Randlandschaften als billigstes Transportmittel geradezu an.

Flöße  gingen bis nach  Holland

Mit welcher  Art der  Flößerei hatten wir es im Pfälzerwald zu tun? Man unterscheidet bei der Holzbeförderung zu Wasser die so genannte gebundene  Flößerei, bei der das zu befördernde  Holz —   in der Regel  Stammholz —  nicht in einzelnen Stücken, sondern zu mehreren zusammengebunden, dem Wasser übergeben  wird, und die Einzel- oder Wildflößerei, auch kurzweg die Trift genannt, bei der das Holz    hier meistens Schicht- oder Klafterholz — in losen Stücken in das Triftwasser gebracht  und von  diesem an seinen Bestimmungsort  fortgetragen wird. Wohl hat der Pfälzerwald während eines längeren Zeitraumes Material  geliefert, das zu Flößen gebunden auf dem Rhein bis nach Holland gebracht wurde, auf seinen Bächen jedoch kam  es lediglich zur Ausbildung des Triftbetriebes  für Schicht-, Brenn- und Nutzholz. Von ihm  soll auch in der Folge nur die Rede sein.

Von wann  ab in der Pfalz von der günstigen Gelegenheit zur Trift Gebrauch gemacht  wurde, ursprünglich wohl nur  als hauswirtschaftliche Betätigung Einzelner, entzieht sich  unserer Kenntnis: denn zu schriftlichen Niederlegungen gab es wohl  erst Veranlassung,  wenn  die Interessen Beteiligter in Gefahr  waren. Die  alten Aufzeichnungen betreffen daher bereits gewisse Regelungen  im Triftbetrieb, die auf sein schon längeres Bestehen hindeuten.

Floßordnungen  regelten den Betrieb

So wurde  im Jahre 1245 ein Abkommen  über Ausübung der Flößerei zwischen den Gemeinden der Oberhaingeraidegenossenschaft und der 1291 der Oberhaingeraide einverleibten Stadt Landau notwendig, was darauf hindeutet, daß die älteren Geraidegenossen schon vor  dem Abkommen  getriftet haben. Ebenso  ist anzunehmen, daß durch die Regelung der Floßholzlegerei in Neustadt  vom  Jahre 1330 Ordnung  in eine schon länger bestehende Betätigung gebracht werden sollte. Weitere Angaben über die ältesten  Nachrichten entnehmen  wir den Beiträgen „zur Geschichte der Flößerei im Pfälzerwald" von Häberle  (Pfälzische Heimatkunde, 1912): 1403 wurde  der Stadt Neustadt von König Ruprecht  ein Privilegium zur Flößerei auf dem  Speyerbach erteilt. Graf Emich von Leininqen und Herzof  Stephan von Zweibrücken trafen 1427 eineVereinbarung über die Flößerei des Holzes aus dem Falkenburfer Wald (Frankenweide) auf der Queich. Der Forstmeister Velmann erwähnt in seinen bekannten Waldbeforchungen  wiederholt Floßbäche. Über Lauter und Glan  wurde die Saline bei Kreuznach mit Brennholz versorgt  und die unter  Kurfürst Karl  Theodor  aufstrebende Industriestadt Frankenthai bezog  ihren Bedarf über  Isenach und Speyerbach. Floßkanäle wurden neben den natürlichen Floßwassern  gebaut, z. B. der Floßbach im Landstuhler Bruch  und die von  Speyerbach  und Isenach gespeisten Floßkanäle; Floßordnungen  regelten den Betrieb.

Die wiederholten  staatlichen Veränderungen in der  in kleine Territorien zersplitterten Pfalz griffen natürlich ständig hemmend in den Betrieb  der Trift ein und ließen es zu keiner großzügigen Entwicklung kommen, sie vermochten jedoch nie, diese durch dringendes Bedürfnis hervorgerufene Einrichtung zum Erliegen zu bringen.

 

In französischer Zeit

Mit  der  Okkupation  der sämtlichen  Landesteile der heutigen Pfalz durch Frankreich im Jahre 1793 endete die erste Periode in der Entwicklung desTriftbetriebes.Die zweite bildet „die französische Zeit" bis  zur  Wiedervereinigung  der  Pfalz  mit Deutschland  im  Jahre 1816. Sie brachte neben der Einführung der verhängnisvollen Coupenwirtschaft im  Pfälzerwald, d. h. des Holzverkaufs auf dem  Stock, auch  für die Trift nennenswerte  Änderungen:  so die Abschaffung der Floßgebühren als Mißverständnis bei der Aufhebung sogenannter feudaler Lasten, was  in einem Teile des Triftgebietes  zu schauderhafter Vernachlässigung der Triftanstalten und Einrichtungen führte, weiter  wurde  durch  den code  civil den schiff- und floßbaren  Flüssen  und Bächen die  Eigenschaft öffentlichen Eigentums  beigelegt; die nachmalige deutsche  Herrschaft übernahm diese Auffassung  und behielt sie bei, bis im Jahre  1876 durch oberstrichterliche Entscheidung dieses  Eigentumsrecht  den  Angrenzern zugesprochen  wurde.  Einen Fortschritt  bedeutete die  im Jahre 1804, wenigstens für  das Neustadter  Tal, vollzogene Aufstellung von besonderen  Beamten,  die für die Regelung des  Triftbetriebes und für die Unterhaltung der Triftanstalten zu sorgen hatten. Die dritte und letzte Periode endlich beginnt mit dem   Jahre 1816, in  welchem die Pfalz wieder an  das Mutterland Bayern  zurückfiel. Sie dauerte bis zum Jahre 1906 und  umschließt den höchsten Stand  der Entwicklung und  den  allmählichen  Niedergang des Triftbetriebes bis zu seiner völligen Aufhebung. Mit diesem Gang  der Entwicklung, mit der Schilderung  der Trifteinrichtugen und des Triftgeschäftes zur Zeit seiner höchsten Blüte, das ist etwa um das Jahr 1850 und den Gründen  für das allmähliche Eingehen wollen wir uns etwas näher befassen.

 

Die Holzhofe

 

Zielbewußt  und auf höchstmögliche Rationalisierung des forstlichen Betriebes bedacht, setzte 1816 die Tätigkeit der neu eingerichtete bayerischen Forstverwaltung ein. Darüber berichten der k. Kreisforstinspektor Martin  und  der k. Revierförster Stadtmüller in ihrer "Forstlich-charakteristischen Skizze der Waldungen auf dem bunten Sandsteingebirge der  Pfalz" vom  Jahre 1845 folgendes:  „Der Nutzungsbetrieb war unter der deutschen und  im Jahre  1816 unter der bayerischen Regierung ein anderer geworden. .Das.Coupensystem  war  beseitigt, Schlagführung, Fabrikation und Verwertung  der Hölzer bewirkte die Forstverwaltung von nun an im Detail, und die Zugängigmachung der Waldungen  war  zu einer ihrer wichtigsten und  unmittelbaren  Obliegenheiten geworden. Die nächsten  Ergebnisse davon waren die Wiedereinrichtung der  Queichtrift im Jahre 1821, die Erweiterung  der Triftanstalten im Neustadter  Triftgebiet, die Einrichtung der Flößerei auf der Wieslauter, dem  Storrbach  und  Salzbach.

Diese Anstalten  erlangten im Laufe der Zeit durch Benutzung  aller Nebenbäche und Quellen, durch die Erbauung zahlreicher und regelmäßig mit Quader ausgeführten Wasserwooge  und  Wehre, durch Ausgleich  des Gefälls mittels Wasserstürzen, durch die Kanalisierung ausgedehnter Bachstrecken  mittels Quadermauern  und  Flechtwerk in  Normalbreiten. durch die Beseitigung der Jagwasser, durch die Konstruktion  von Wasserablässen, vermittels welcher gerade soviel Wasser, als für die Vertriftung erforderlich, gegeben werden kann, durch die  Anlage  zweckmäßiger Holzabladeplätze, durch die Errichtung von Holzhöfen in Albersweiler, Landau. Neustadt, Speyer, Mutterstadt und Frankenthal, eine sehr vollständige Entwicklung und  für das Land eine sehr große, höchst wohltätige Bedeutung."

Auf dem Hochspeyerbach, Leinbach, Speyerbach,  Rehbach, Erlenbach, Legelbach, Helmbach, und Breitenbach wurde geflößt

In wenigen  Jahren  waren  fast alle Flüsse  und  Bäche im  Pfälzerwald der Trift nutzbar gemacht worden.  Das Intelligenzblatt von 1823 zählt nicht weniger als 33 auf, die in folgende  7 Gruppen  zusammengezogen waren:

a) Lauter-Glan: Lauter, Glan b) Neustadter Tal: Hochspeyerbach, Leinbach, Speyerbach, Rehbach, Floßkanal, Erlenbach, Legelbach, Helmbach,Breitenbach; c) Dürkheimer  Tal:  Isenach, Stüterbach

d) Schwarzbach   und   Blies:  Schwarzbach, Moosalb, Merzalb, Münchweilerbach, Rodalb, Trualb, Blies

e) Queich:  Queich.  Queichbach,  Kaltebach, Modenbach,  Wellbach. Eußertalerbach

f) Lauter: Lauter, Salzbach, Scheitbach, Wartenbach, Pfortzbach, Reisbach

g) Surrbach: Fischbach, Surrbach


Die Oberleitung über, den gesamten  Triftbetrieb bekam das 1822 errichtete Triftamt in Neustadt, dem  in Elmstein und Annweiler (später Landau) zwei Triftmeistereien unterstellt waren. Der Amtsbereich des Triftamts  umfaßte  zwei deutlich geschiedene Triftbiete: das Neustadter Triftgebiet und das Triftgebiet der Queich, verbunden mit dem der Wieslauter.Die Höhe der Entwicklung, welche der Triftbetrieb etwa um  das  Jahr 1850 erreicht  hatte, mögen folgende Zahlen veranschaulichen:

 

Jährlich wurden  60 000 Ster getriftet

 

Im  Neustadter Triftgebiet betrug die Gesamtlänge  der triftbaren Gewässer 141,3 km mit zusammen 32 steinernen Klausen. Rund  60 000 Ster  Schicht-, Nutz- und Brennholz wurden alljährlich nur aus den Staatswaldungen an die Trift abgegeben  und nach den Holzhöfen  zu Neustadt, Speyer, Mutterstadt und  Frankenthal verfrachtet.

Im Gebiet der  Queich-  und  Lautertrift dienten 94,3 km  triftbare Gewässer mit zusammen 24steinernen Klausen der Holzverfrachtung; rund  22 000 Ster waren  hier die jährlich in die Holzhöfe Annweiler und Landau verfrachtete Holzmenge.Wollen  wir uns ein genaueres  Bild davon  machen, wie um dieselbe Zeit das eigentliche Geschäft der Vertriftung vor  sich ging, so muß zuvor noch auf einige technische — zum Teil schon kurz  angedeutete —  Einzelheiten zurückgegriffen und näher eingegangen werden. Nur gesundes Holz wurde der Trift übergeben: anbrüchiges und zu klotziges, unförmiges Material ergab das lästige Senkholz.

Da  auch  das frischgefällte Holz nicht oder nur schlecht schwimmt, wurde das im  Winter geschlagene und ins Stermaß aufgesetzte Holz  zeitig im Frühjahr aufgestelzt und locker aufgeschichtet, damit  die  durchstreichende Sommerluft die überschüssige Feuchtigkeit zum Verdunsten bringe. Zum Schutz gegen Diebstahl auf der künftigen langen Wasserreise wurde dabei jedes Scheit mit einem besonderen  Zeichen angeschlagen.  Im  Herbst wurde nunmehr das waldtrocken gewordene Holz mit Schlitten oder Fuhrwerk, je nach Ausformung des Geländes, zum Bollerplatz am Triftplatz geschafft. Bei der Anlage dieser Bollerplätze wurde hauptsächlich darauf geachtet. daß sie möglichst frei und außer Schatten lagen; auch sollten sie ausgedehnt genug  sein. um  die einzelnen Holzreihsn (Archen) so räumig  aufzustellen, daß die Zugluft stets durchstreichen konnte. Denn  es bestand die Gefahr, daß das aufgebollerte Holz während des Lagerns, namentlich in der feuchten Talluft, leicht stockig wurde und zur Zersetzung neigte: in diesen ungünstigen Einfluß des Lagerns auf  den Bollerplätzen war  auch  die Ursache für die geringere Qualität des getrifteten Holzes gegenüber dem nichtgetrifteten zu suchen, nicht in dem Wassertransport selbst, bei welchem das Bachwasser nur sehr  wenig  in den Holzkörper eindrang, der aufs Land gebracht sehr rasch abrocknete.


Wasserstau  in den  Woogen

 

Den zahlreichen, zur Trift benutzten Waldbächen fehlte meistens, in ihrem  Oberlauf immer, die Eigenschaft der natürlichen Triftbarkeit, das heißt, sie führten nicht die zureichende Wassermenge und ihr Rinnsal hatte nicht die Breite von mehr als Scheitlänge. Durch  Verbreiterung des Bachabettes unter Versicherung der  neuen  Uferstrecken mit Flechtwerk oder Quadermauerwerk  und durch Aufstauung  des Wassers  in Staubecken  — Wooge   oder Klausen genannt —  suchte man Ihnen diese Eigenschaft zu geben. Die Klausen wurden  anfangs nur mit Holzwerk  und Erde hergestellt, später unter Verminderung ihrer Anzahl mit solidem Mauerwerk und starken Dämmen ausgeführt. Durch  Öffnung der gefüllten Wooge konnte der Bach auf bestimmte Zeit triftbar gemacht werden. Je nach der Menge  des zu  triftenden Holzes mußten Füllung und Öffnung des Staubeckens öfters wiederholt werden. Auch schwache seitliche Rinnsale wurden mit  Klausen aufgestaut, um ihren Inhalt zur Verstärkung  des Wassers im Floßbach  selbst zu verwenden. Die Vorrichtungen zum  Öffnen und  Schließen  der  Klausen  waren  verschieden: bald bestanden sie nur aus einer viereckigen Ausflußöffnung, die von  der  Dammkrone aus durch ein mittels Schraubenstange auf- und abzubewegendes Brett verschlossen  war, bald  war  eine türähnliche Öffnung  eingesetzt, wenn nicht nur das  aufgestaute Wasser, sondern auch bereits beigetriftetes Holz durchzulassen  war. Den Verschluß  bildete in diesem Falle eine Anzahl übereinandergestellter, auf und abverschiebbarer Bretter, welche entsprechend dem  Abfließen des Wassers mit dem  Floßhaken nach und  nach herausgenommen  wurden. Zum Schutze der Triebwerksanlagen  der zahlreichen in den Tälern bestehenden Mühlen, Wappenschmieden,  Papierfabriken usw. wurde   das Triftholz in angemessener Entfernung davon durch Rechen aufgehalten, in Seitenkanäle abgelenkt und  um das Werkherumgeleitet. Die Aufstellung von  Rechenerforderten auch die  sonstigen Ableitungsgräben  am Bache, die der Wiesenbewässerung u. a. dienten.  Zur  möglichsten Vermeidung von Schäden wurde das Triftgeschäft in einem Zeitabschnitt außerhalb der Vegetationsperiode verlegt; im geregelten Betrieb war dies das zeitige Frühjahr, in dem auch die Quellschüttung am stärksten war: spätestens am Georgitag (22. April) sollte die Trift beendet sein. Das Triftholz blieb also vom Herbst bis zum Frühjahr auf dem Bollerplatz sitzen. Nur ausnahmsweise wurde auch  im Herbst getriftet: bei schleppendem Absatz auf den Holzhöfen  mußte mitunter das Holz ein Jahr lang und  noch länger auf dem  Bollerplatz sitzen bleiben. Sobald mit  dem Triften begonnen  werden sollte, wurden zunächst die Wooge und Klausen des betreffenden Baches gestellt, d. h. für die Wasseransammlung  geschlossen. Der  sogenannte Woogmann  war  mit der Regulierung des Abflusses nach Bedürfnis betraut. In das aus dem gezogenen Woog  herausstürzende Wasser wurde von dem unmittelbar nächsten Bollerplatz aus das Triftholz Scheit für Scheit eingeworfen; mit großer Gewalt fortgerissen, ordnete das zunächst kunterbunt durcheinanderschwimmende Holz  sich nach  und nach, auch unter Nachhilfe der Floßhaken der Flößermannschaft, in mehr gleichmäßige Verteilung.

Unterwegs durch Unregelmäßigkeiten  im Bachverlauf auftretende Störungen  wurden teils durch die den „Flootz" vom Bollerplatz bis zum Ausschlagen auf dem Holzhof, das ist 70  km weit, auf dem  Flößerpfad —  die Benützung  eines Bachufers hierzu war eine ordnungsmäßige  Auflage, die sich der Ufereigentümer  ohne Vergütung  für Schaden gefallen lassen mußte     begleitenden Flößermannschaften, teils durch die an besonders gefährdeten  Stellen von  vornherein aufgestellten Floßposten beseitigt. Schon  vor dem  Abgang  der  Flootzspitze vom  Bollerplatz war der sogenannte Vorläufer  den  Bach  entlang geeilt, um etwaige Hindernisse für das heranschwimmende  Holz zu beseitigen, um die Rechen an den Mühlen und  Werkkanälen  zu kontrollieren usw.

 

Oberforstmeister Waltzinger  erzählt

 

Recht  anschaulich schildert Herr Oberforstmeister Waltzinger, Landau,  gelegentlich in einem Bericht an die Regierungsforstkammer aus eigener Erinnerung die Tätigkeit der  Flößermannschaften:  „In meiner frühesten Jugend wurde auf dem Speyerbach noch durch mein  Heimatstädtchen Lambrecht hindurch  getriftet. Da mein elterliches Haus mitten in  dem früheren  Orte Lambrecht  — Grevnhausen  an  der diese Ortsteile verbindenden steinernen Speyerbachbrücke liegt, erinnere ich mich noch sehr gut an die Zeiten, in denen   getriftet wurde, an die kräftigen Triftknechte mit ihren hellebardartigen Trifthaken, an  die Aufregung und Spannung,  mit der der Verlauf des  Triftens auf dem dann hochgeschwellten Speyerbach verfolgt wurde und an die gewaltigen Anstrengungen, die es den Triftknechten verursachte, den sogenannten Flootz wieder in Gang zu bringen, wenn aus irgendwelchen  Gründen  an irgendeinem Brückenpfeiler oder an einem sonstigen Hindernis der Flootz sich staute und die Holzmassen sich meterhoch auftürmten."

Das Flößen  erforderte viel Arbeit  und  Aufmerksamkeit

Noch bevor das Stauwasser vollends abgelaufen war, wurde das mehr oder minder zerstreut herantreibende Holz angescheert, d. h. durch Rechen aufgehalten und gesammelt, um zu vermeiden, daß es bis zum Eintreffen des neuen Jagwasserschwalles zerstreut im Bachbett herumliege. Da der Betrieb während der Nacht eingestellt wurde, mußte auch mit Anbruch der Dunkelheit jeder Floßgang  durch Anscheren unterbrochen werden. Sobald  die Flootzspitze am  Ausschlageplatz im Holzhof ankam, begann  man  sofort mit dem  Ausschlagen, um  dem  nachrückenden Holz  Platz zu machen: das Holz wurde zunächst angescheert und dann  von der sogenannten  Ausschlagebank  aus mit einem kurzstieligen, hakenartigen, spitzen Werkzeug Scheit für Scheit von der am Ufer postierten Mannschaft aus dem  Wasser  gezogen. Nach Ablauf  des anhängenden Wassers wurden  die Scheite verfahren, d. h. an die für jedes Sortiment  bestimmte Stelle zum Aufsetzen verbracht. Mit  der protokollarischen Zählung  und Überweisung der aufgesetzten Archen an  das Holzhofpersonal war das Material dann ganz in dessen Obhut übergegangen.

Es würde  zu weit führen, von all den Störungen  zu sprechen, welche der  meteorologische Ablauf  der einzelnen Jahre für den Triftbetrieb mit sich brachte, von den vielen Reibereien mit  den Mühlen-  und  Werksbesitzern oder den Bachanliegern, von den Verlusten, die der Wassertransport durch  Zersplitterung, Unansehnlichwerden,Versinken und nicht zuletzt durch Diebstahl dem Transportunternehmer  brachte. Auf  jeden  Fall dürfen wir  feststellen, daß es einer großen Summe von Arbeit und Umsichtbedurfte, die jährlichen Pläne für  Abwicklung  des Triftbetriebes aufzustellen und  bei  ihrer Durchführung  im Kampf  mit den natürlichen Zufälligkeiten den  Anforderungen  des Bedarfs, der Schonung fremder  Interessen und der Wirtschaftlichkeit Rechnung  zu tragen.

 Zerfall des Triftbetriebes durch Eisenbahn  und  Industrie

Vom letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts an  datiert der allmähliche Zerfall des pfälzischen Trift- und Holzhofbetriebes. Die fortschreitende Entwicklung des Eisenbahnwesens  (Eröffnung der pfälzischen Ludwigsbahn  Neustadt —  Homburg   1845, der Maxbahn  Landau —  Zweibrücken  1875, der Flügelbahn Lambrecht    Sattelmühle 1901) ließ die  Steinkohle in   Wettbewerb  mit   dem Brennholz  treten, und die Trift allmählich in ihrer Bedeutung als alleinige Möglichkeit der Brennholz Verfrachtung nach der Vorderpfalz verlieren. Staatsforstverwaltung, Gemeinden, Bezirke und  Genossenschaften verlegten sich mehr und  mehr auf die Anlage kunstmäßig  gebauter Straßen, im Innern des Waldes wurde das Netz der Waldwege planmäßig  ausgebaut.

Von  weittragender Bedeutung war  auch die Tatsache, daß die, namentlich im Neustadter Tal hochentwickelte, mit der Wasserkraft der Triftbäche als Antrieb arbeitende Industrie immer  heftiger gegen  den  Triftbetrieb ankämpfte  mit dem  Endziel, seine völlige Auflösung  zu  erreichen. Durch  nach  langem Rechtsstreit in den 1870er Jahren ergangene zivilgerichtliche Urteile wurden die pfälzischen  Triftbäche als Privatgewässer erklärt, allerdings unter dem Fortbestand  der gesetzlich und durch Herkommen  begründeten Triftgerechtigkeit.

 

Änderung  in der  Waldstruktur

 

Als weitere Umstände,  die zur Bereitung des Bodens  der  Aufgabe des  Triftbetriebes wesentlich beitrugen, sind noch zu nennen:

das allmähliche  Aufleben eines Brennholzhandels, der bedeutende Bedarf  neuerrichteter Fabriken im Neustadter Tal, die bedeutende Mengen  von Brennholz im  Walde aufkauften und per Achse auf den neuerbauten Straßen an den Verwendungsort  bringen ließen; in der Südpfalz, dem Gebiet der Queich - und Lautertrift, trat mit Hebung der Landwirtschaft und fortschreitender Entwicklung der Schuhindustrie ein in steigendem Maße kaufkräftiges Publikum in  unmittelbarer Nähe des Erzeugungsortes selbst auf, namentlich auch als nach dem  Friedensschluß von 1871  die  nächstgelegenen  lothringischen Gemeinden  ihren  Bedarf an Brennholz  und die lothringischen Hüttenwerke ihren Bedarf an  Kohlholz in  den benachbarten Revieren deckten. Auch im  Wald   selbst vollzog sich eine Änderung: der Anfall an Nadelholz stieg und  damit die Nutzholzausbeute; die Spannung  zwischen Waldpreis  und  Holzhofpreis wurde  immer  geringer, die Wert- und Massenverluste des  Triftbetriebes fielen damit immer schwerer ins Gewicht. All diese Umstände zusammen  mit dem  unaufhörlichen Drängen  der Industrie, bewogen die Staatsforstverwaltung anfangs der 1880er Jahre an den Abbau  des Triftbetriebes ernsthaft heranzugehen: von 1881 an wurde die Trift in dem  Queichgebiet ganz aufgehoben, von 1882 ab im Neustadter Triftgebiet auf die oberhalb von Frankeneck gelegene Strecke des Speyerbachs mit seinen Tälern beschränkt; mit dieser Aufhebung der Trift auf  Speyer- und Rehbach  fiel auch die Trift auf dem Floßkanal,, der Rehbach  mit Isenach  verband. Während  in den Jahren 1866/70 jährlich noch 75 000 Ster aus 16 Forstämtern an die Triftverwaltung  abgegeben wurden,  waren  es 1881/85 nur noch 18 700 im Jahresdurchschnitt aus 10  Forstämtern und  in dem  Jahrfünft 1901/05  sank die  durchschnittliche Jahresmenge  auf 1800 Ster aus zwei Forstämtern herab. Hand  in  Hand  damit ging die Verminderung  der Holzhöfe von 7 auf 2

 

Das letzte Floß treibt ab

 

Die  natürliche Folge dieses Entwicklungsganges war, daß zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Forstverwaltung  die vollständige Aufhebung   des Triftbetriebes ernstlich ins Auge faßte. Durch die fortwährende Verbesserung des Straßen- und  Wegenetzes, durch Förderung des  Privatholzhandels hatte sich der Absatz der Brennhölzer im Walde so gehoben, daß er auch in dem zuletzt verbliebenen Trifteinzugsgebiet der Forstämter Elmstein und Johanniskreuz schließlich dauernd gesichert schien. 6193 Ster Brennholz, die im Jahre  1902 aus den  eben genannten  Forstämtern  an  die Triftverwaltung  überwiesen wurden,  sollten die letzte Abgabe sein. Über den  Verlauf der letzten Vertriftung erzählt Herr  Oberforstmeister  Waltzinger, der  in Elmstein und  Speyerbrunn dem  Einwurf des letzten Flootzes beiwohnte, folgendes: „Mit tiefer innerer Bewegung sahen wir zu, wie die eingeworfenen  Holzmassen durch  das heranbrausende Wasser  der inzwischen gezogenen Klausen allmählich  gehoben  wurden,  sich dicht zusammenschoben und  sich schließlich in Bewegung setzten, um zum letzten Mal den  Weg  zu  gehen, der Jahrhunderte  hindurch ursprünglich fast das einzige, späterhin das wirtschaftlichste .Mittel zur Beförderung der  reichen Holzschätze des  Pfälzerwaldes hinaus in die holzarme  Vorderpfalz gewesen war." Die folgenden Jahre 1903 bis 1906, in denen keine Abgabe  von  Triftholz mehr stattfand, ließen die Möglichkeit sämtliche Brennhölzer um annehmbare Preise ab Wald  zu verwerten als vollständig gesichert erscheinen, so daß im  Jahre 1906 das Staatsministerium der Finanzen  auf Antrag   der  Regierungsforstkammer  die endgültige Aufhebung des Triftbetriebes im Regierungsbezirks Pfalz genehmigen  konnte.

 

Abbau  der  Triftverwaltung

 

Hand  in Hand mit der allmählichen Aufhebung  des Triftbetriebes war auch der Abbau der Triftverwaltung gegangen; die endgültige Aufhebung  des Triftamtes in Neustadt wurde 1897 verfügt. Das Forstamt Lambrecht wurde mit der Wahrung  der triftamtlichen Geschäfte beauftrag und  damit  der auch heute  noch (1930) bestehende Zustand geschaffen. Beim Forstamt  Lambrecht befindet sich auch der umfangreiche Bestand an Akten des früheren Triftamtes. Es bleibt uns noch  die Beantwortung der Frage, was mit den nach Aufhebung des Triftbetriebes verbliebenen Trifteinrichtungen geschah. Von den  Holzlager- und Bollerplätzen wird der größte Teil als Saatkämpe,  Holz-und Materiallagerplätze, oder durch Verpachtung  als Äcker, Wiesen usw. nutzbar gemacht. Die  noch vorhandenen Klausen sind ebenso wie die Bachläufe zur Fischzucht verpachtet. Soweit nicht wegen der Fischerei und  der  Talstraßen  die Unterhaltung  der Klausen  und Bachufermauern notwendig ist, besteht kein Anlaß  die  an den ehemaligen  Triftbächen vorhandenen Kunstbauten im Stande zu halten. Sie sind aber größtenteils noch in gutem Z'ustand, was ihren Erbauern  alle Ehre macht.

Viele Akten harren  müssen noch ausgewertet werden

Eine zusammenfassende Darstellung  des pfälzischen Triftbetriebes und  seiner  Geschichte liegt bis jetzt nicht vor; was bisher  darüber  geschrieben  wurde,  sind kleinere Beiträge in heimatkundlichen Werken  und Zeitschriften. Der verstorbene Regierungsdirektor  v. Ritter, zu  seiner Zeit der beste Kenner   des PfäIzerwaldes hatte nach Sichtung  der einschlägipen Urkunden  und Akten zahlreiches  wertvollstes Material  zusarnmengetragen: leider nahm ihm mitten in der Bearbeitung des  Stoffes der Tod  die Feder  aus der Hand. Der  Verfasser  der  vorstehenden  Skizze, dem  der Einblick in diese umfangreiche Stoffsammlung ermöglicht war, konnte  ihr zahlreiche wertvolle Einzelheiten entnehmen. Im übrigen geht die Darstellung neben  den erwähnten  Quellen auf  das Ergebnis von Aktenstudien zurück, die bei  der Regierungsforstkammer  der Pfalz gelegentlich der Behandlung  des gleichen Gegenstandes zu  anderem  Zweck angestellt wurden.

 

 

 

 

 

 

 

 


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