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Der Speyerbach als Kriegslinie
Wenn man sich mit dem
Speyerbach und seinen vielfältigen Aspekten beschäftigt, so macht man eine
erstaunliche Entdeckung: er war mehrmals vordere Kriegslinie und Grenzverlauf
zwischen den feindlichen Truppen und zwar zumindest in diesen
Kriegen:
In Auszügen soll in diesem Kapitel anhand historischer
Kriegskarten und Kommentaren von Historikern gezeigt werden, welche Bedeutung
der Speyerbach als Kriegslinie hatte. Zu bedenken ist hierbei immer, daß es
früher noch große Bruchwaldbereiche gab, in Kriegsberichten wird oft von
Sümpfen gesprochen, die nur schwer zu überwinden waren, man mußte zur
Überquerung des Speyerbaches größere Vorbereitungen treffen (tragbare
Brücken usw.). Aus heutiger Sicht erscheint uns das beim Betrachten des
Speyerbaches und seiner Randzonen unglaublich, aber auch diese Texte vermitteln
daher indirekt einen Eindruck
vom dramatischen Wandel unserer Landschaft.
Der Türkenlouis vor Neustadt (1696)
Auszug aller Texte aus: "Neustadt an der Weinstraße: Beiträge zur
Geschichte einer pfälzischen Stadt"; mit freundlicher Genehmigung des
Autors Paul Habermehl
Inzwischen
hatte man ausgekundschaftet, daß die Franzosen die Deutschen am SPEYERBACH
erwarten wollten. Zwar hatten zunächst Pläne bestanden, eine
Verteidigungsstellung beim ausgebrannten Dürkheim zu beziehen, doch hätte hier
die Deckung gefehlt, da, wie oben schon erwähnt, die Gluthitze des Sommers das
nordöstlich der Stadt sich erstreckende Sumpfgebiet ausgedörrt hatte.
Vorschläge seiner Generäle, sich bei Neustadt ans Gebirge oder bei Speyer
an den Rhein anzulehnen, hatte Coiseul widersprochen, weil dadurch dem Feind der
Weg ins Elsaß geöffnet worden wäre. Die Stellung am SPEYERBACH
erschien am meisten erfolgversprechend. Der bei Neustadt in die Rheinebene
tretende SPEYERBACH
teilt sich unterhalb Neustadts in zwei von vielen Gräben gespeiste Hauptarme.

Der
eine, nämlich der Rehbach,
mündet bei Altrip, der eigentliche SPEYERBACH
aber bei Speyer
in den Rhein. Beide umschließen sie den mit Sümpfen durchsetzten,
verkehrstechnisch unerschlossenen Ordenswald, der bis an das Hochgestade
des Rheins heranreicht. Die Ebene zwischen Ordenswald und dem Haardtgebirge
konnte daher relativ leicht abgeriegelt werden. Am SPEYERBACH
entlang bezogen die französischen Truppen von Speyer
bis Neustadt Feldstellungen. Choiseul hatte sein Hauptquartier in Lachen
aufgeschlagen, auf seinem rechten Flügel stand d'Huxelles und bei Neustadt
lagerte d'Harcourt. Entlang der Linie wurden Retranchements aufgeworfen, der
Ordenswald wurde durch Verhau unpassierbar gemacht. Alle diese Maßnahmen
dienten dazu, eine Belagerung Philippsburgs und Landaus zu verhindern.
Am
8. und 9. September besetzen die Franzosen das links des SPEYERBACHS
gelegene Vorfeld, das Haardter Schloß wird befestigt und der Kirchhof
von Mußbach verpalisadiert, da nur hier ein Angriff in breiter Front
vorgetragen werden konnte. Der Rehbach
wird unterhalb der Stadt abgegraben und nach Süden in einen Graben abgeleitet.
Durch diese Maßnahmen konnte zusammen mit einer Stauwehr am CASIMIRIANUM
das Wiesengelände vor der eigenen Front überschwemmt werden.
....Auch
der Markgraf hatte zahlreiche Vorbereitungen getroffen. Eine Schiffsbrücke hat
er rheinaufwärts führen und bei Sandhofen einfahren lassen. 400 Infanteristen
bewachen den Brückenknopf, 100 Dragoner sichern die Nachschubstraßen, so sind
Vormarsch und Rückzug gleichermaßen gedeckt. Aus Mainz werden 6 halbe
Kartaunen herangeführt, von denen 3 bei der Brücke in Stellung gehen, während
die 3 anderen bei der Beschießung der feindlichen Linien verwendet werden
sollen. Marschall Thüngen hat den Befehl erhalten, oberhalb Straßburgs den
Rhein zu überschreiten und den Franzosen in den Rücken zu fallen. Vom Gelingen
dieser Operation hängt der Erfolg des ganzen Kriegszugs ab.
.......den
mittleren Frontabschnitt zwischen der Stadt und dem Ordenswald. Hart oberhalb
der Stadt wurde im Vogelsang eine neue Batterie eingerichtet, die aber
wegen zu starken feindlichen Beschusses etwas höher gelegt werden mußte. Sie
wird mit den Viertelskartaunen bestückt. Sämtliche Artilleriestellungen werden
mit Palisaden versehen. An die 2000 Stück werden von den Stabsmarketendern
herbeigeführt und unterhalb des Haardter Schlosses abgeladen. Zwischen
dem Mußbach und dem Ordenswald werden in Verhaumanier aus
Baumstämmen Redouten für Infanterieeinheiten geschaffen. Ein Artillerieoberst
erhält am 23. 9. den Auftrag, mit 100 Mann hinter den Redouten einen Platz für
eine Batterie auszuwählen, die ein Gegengewicht zur französischen Artillerie
im Spital Branchweiler bilden soll.
Bereits
in der Nacht am 21. 9. haben 500 Mann am SPEYERBACH
in Neustadts Nähe eine Batterie erstellt. Seit dem 13. 9. ebnet die Kavallerie
alle Hindernisse im Aufmarschgebiet ein, außerdem stellt sie zahlreiche
Brücken her, die bei einem Angriff über den SPEYERBACH
geworfen werden sollen. Jeder freie Mann wird benötigt, um Faschinen
(Reisigbündel) anzufertigen, die von der Reiterei im morastigen Gelände
abgeworfen werden....
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Rest alter Schanzanlagen am Speyerbach,
1. Wehr vor Geinsheim - in der Nähe vom Golfplatz. Hinweis durch Herrn Norbert
Kästel, Geinsheim 2002
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Das
Tagebuch des Türkenlouis enthält eine Kurzfassung der Unterredung, in der
nochmals alle Gründe zusammengefaßt sind, die diese folgenschwere
Entscheidung rechtfertigen:
„...auf
dem so genannten Viehberg ein sehr starkes Retranchement mit vilen Batterien
verwahrt vor sich gehabt, von dem Stättlein selbsten aber gleich die Inondation
(Überschwemmung) vor ihrem Lager angefangen, welche längs desselben ganzen
fronte biß ann den diken Wald getaurt, welcher Waldt sich von dort an ann einem
Stük bis gegen den Rhein hinunter ziehet, welchen sie dann überal verhauen und
so sehr impracticabel gemacht haben, daß auch des Herrn Landgr. Hfürstl.
Durchl. nicht einmal aus ihrem Lager hätten ausrücken oder auf den Feind
anmarschiren können, mann hätte dann beide Armeen dichte aufeinander, bloß in
der gegend zwischen dem Wald und dem Stättlein anführen wollen, allwo über
die Inondation, erstlich die Speierbach
selbsten, hinter diser aber ein zwei und wohl an den meisten orten dreifaches
Retrenchement verfertigt gewesen, welches ann sich selbsten von vilen batterieen
soutenirt (unterstützt), überdis aber noch von der ganzen Höhe des Viehberges
ganz vorteilhafft flanquirt gestanden. Zudem so ist die feindliche Armee an sich
selbsten noch etwas nahmhafftes stärker als wür gewesen, weilen sie gegen dem
Hrn. Gen. FeldMarschl. v. Thüngen nicht gar vil detachirt, sondern die Redouten
an dem obern Rhein, so alle schon seidhero einigen jähren aufgeworffen worden,
mit Commandirten ").
Der
Rückzug wird durch die Folgen eines lang anhaltenden Regenwetters erheblich
verzögert und vollzieht sich in Etappen. Nachdem der Markgraf persönlich das
sumpfige Wiesengelände zwischen Deidesheim und Ruppertsberg rekognosziert
hatte, erteilt er dem Generalquartiermeister den Befehl, 42 Brücken von 25
Schritt Breite — vermutlich werden die zur Überquerung des SPEYERBACHS
vorgefertigten Brücken verwendet — bis unterhalb des Dorfes Ruppertsberg
aufzustellen. 800 Reiter der Bereitschaft werden dazu abkommandiert und in den
umliegenden Ortschaften werden alle verfügbaren Pferde- und Ochsenfuhrwerke
requiriert. Die Kavallerie befestigt die Wege mit Faschinen. Auch bei Forst
müssen 30 Brücken zur Überwindung eines Morasts mit Bauernwagen
herangeschafft werden, ebenso an der Isenach bei Bad Dürkheim. Von Neustadt bis
Dürkheim müssen die Bauern alle störenden Hecken niederhauen, die Flurwege
verbreitern und breite Schneisen für die Schwadronen in die Weinberge schlagen,
der Rückmarsch soll nämlich annähernd in Schlachtordnung durchgeführt
werden. Die Schiffsbrücke wird von Sandhofen nach Worms geschleppt, wo man den
Rhein überqueren will.
Zuallererst
setzt sich am 3.10. der Konvoi mit den Halbkartaunen in Richtung Worms in
Marsch. Gegen 17 Uhr des nächsten Tages folgt die von 100 Infanteristen
bewachte Bagage. Um 20 Uhr werden die Geschütze von den Bergen heruntergeholt.
Erst am 5. 10. bricht die Hauptarmee auf. Vor Tageseinbruch werden alle Posten
auf den Bergen, den Schlössern und befestigten Kirchhöfen eingezogen und die
Regimentsgeschütze und Munitionskarren ausgeteilt. Auf den Bergen läßt man
nur einen Spähtrupp zurück, der bei einem feindlichen Angriff in die Wälder
ausweichen soll. Zwischen 8 und 9 Uhr tritt die Armee in Schlachtordnung an. Der
linke Flügel mit dem Landgrafen an der Spitze setzt sich zuerst in Bewegung. Die
Franzosen lassen sich nur zu Scharmützeln hinreißen, da sie den
überschwemmten Wiesengrund nur an 2 Stellen im Gänsemarsch passieren können
und bei einem unvorsichtigen Angriff auf die Nachhut Gefahr laufen, in den SPEYERBACH
getrieben zu werden. Hinter Mußbach stellen sie im verlassenen
deutschen Lager die Verfolgung ganz ein.
Neustadt im
Spanischen Erbfolgekrieg
Diplomatische und militärische Aspekte zu
Planung und Errichtung der SPEYERBACHlinie
bei Neustadt-Hambach
In
unserem Raum werden im Frühjahr 1701 lange vor der formellen Kriegserklärung
drei politische Kräfte aktiv: Der Kaiser, der Kurfürst von der Pfalz und die
dem Rhein benachbarten Kreise. Gewitzigt durch die Erfahrungen zu Beginn des
Pfälzischen Erbfolgekrieges versuchen sie, sich im Wettlauf mit
französischen Rüstungsbestrebungen eine günstige Ausgangsposition für die
nach ihrer Ansicht unausweichliche Konfrontation mit dem Erzfeind zu schaffen.
Ihre Bemühungen gipfeln in der Errichtung eines defensiven Verteidigungssystems
an Rhein und SPEYERBACH,
von Basel bis Neustadt an der Haardt, das die französische Kriegswalze
stoppen soll. Freilich verfolgt jeder dabei seine eigenen Ziele.
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Kaiser
Leopold will entsprechend dem zwischen Frankreich, den Seemächten und ihm
ausgehandelten Teilungsvertrag der spanischen Erbmasse vom Juni 1699 die
Ansprüche seines Sohnes Karl auf Spanien, die spanischen Niederlande und die
Kolonien gegen den von Ludwig XIV. seit November 1700 mit zweifelhaften
Rechtstiteln protegierten Erben des Gesamtreichs, Philipp von Anjou,
durchsetzen. Während Ludwig eine habsburgische Umklammerung fürchtet, bangt
Leopold um den habsburgischen Hausbesitz. Johann Wilhelm, der Pfälzer
Kurfürst, ist bemüht, seine Pfalz, die seit dem Pfälzischen Erbfolgekrieg
fortgesetzt französischen Repressalien wehrlos ausgeliefert war, französischen
Expansionsgelüsten zu entziehen. Die Kreise, allen voran der oberrheinische
Kreis, befürchten ebenfalls französische Einfälle mit den üblichen
militärischen Exzessen und der wirtschaftlichen Ausbeutungstaktik eines Heeres,
das sich in Feindesland ernährt.
Als
erster ergriff der Kurfürst von der Pfalz die Initiative. Noch vor dem Kaiser
schloß er am 26. Mai einen Beistandspakt mit den Niederlanden und sandte wenige
Tage später seinen Kanzler Franz Melchior von Wiser mit einer sehr
detaillierten Instruktion nach Wien, „um persönlich Mitteilungen von der Lage
am Rhein zu machen, weitere Verhaltensbefehle sich zu erbitten, Pläne und
Vorschläge für die militärischen Operationen und das Oberkommando am Rhein zu
überbringen".

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Der
entscheidende Passus der Instruktion für Wiser vom 2. Juni 1701 lautet: „Nachdem
Ihre Kay. May., die Ihro durch die Cron Franckreich mit gewalth und List
entzogene Spanische Monarchie zue recuperiren, den Krieg offensive führen
müssen, so möchten Ihre Kay. May. die Hauptagression ohnmittelbar gegen die
Cron Franckreich wenden und auf solche operationes am obern Rhein und in den
Niederlanden antragen, wodurch einestheils die Reichsgränzen und Ihrer Kay.
May. Alliierten Lande vor feindtlichem Einfall bedroht und anderntheils in des
Feindts Lande eingetrungen werden möge. Am obern Rhein seye solches zue
effectuiren allerdings ohnschwer, dahe man an der SPEYERBACH
und Lauter bis an die Mosel nach dem abgefaßten Plan eine Lini ziehen, hernegst
Landaw attaquiren, im Elsaß Posto fassen und die Contributiones sofort bis in
die Campagne und (allerdings) gar bis vor Paris etabliren könne"2).
Über Thematik und Ergebnisse seiner Verhandlungen erfahren wir folgendes: „Der
vom Kurfürsten übersandte eingehende militärische Operationsplan über
Errichtung defensiver Linien am Speierbach und über eine Belagerung Landaus
wurde überreicht und von allen Seiten gutgeheißen"3). Der
Kaiser beschwor den Kurfürsten, alles zu unterlassen, Frankreich zu reizen,
dieses solle sich in Sicherheit wiegen und von dem Präventivschlag völlig
überrascht werden.
Es
entsprach kaiserlichem Willen, wenn der Pfälzische Kurfürst die jährlich zu
entrichtenden Orlean'schen Gelder in Höhe von 300000 livres termingerecht
zahlte, da sonst zu befürchten stand, „daß die Krone Frankreichs dies als
Vorwand benutzen und die am Speierbach vorgeschlagene Linie nicht zur
Ausführung gebracht werden könnte zu des Reiches unaussprechlichem
Schaden".
Am
Rand der Gemeinde Hanhofen tobte am 15.11. 1703 die Schlacht am Speyerbach im
spanischen Erbfolgekrieg. Im Allmendwald sind heute noch steinerne Kreuze über
Gräbern der Gefallenen zu finden (aus: "Heimatkundliche
Veröffentlichungen des Historischen Museeums der Pfalz, Heft 1: Schloß
Marientraut bei Hanhofen unter Speier a. Rh., von Prof. Fr. J. Hildenbrand,
Speyer a. Rh. 1922)
Militärkartensammlung
Pfälzisch-böhmischer Krieg
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Spanischer Erbfolgekrieg
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Karten von Regemorte
("Die Feldzüge der französischen Armee am
Oberrhein während des polnischen Erbfolgekrieges 1734 und 1735. Eine
Denkschrift von Antoine de Regemorte 1739, kommentiert von Dr. Heinz Musall, FH
Karlsruhe, Fachbereich Kartographie 1992" )
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Verwendete Quellen:
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Das Buch "Neustadt an der Weinstraße: Beiträge zur
Geschichte einer pfälzischen Stadt", mit zahlreichen
Schwarzweiß-Karten. Die meisten dieser Karten wurden von digital
bearbeitet und wegen einer besseren Übersichtlichkeit zumeist coloriert sowie hin
und wieder mit Kommentaren
versehen.
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Durch einen persönliche Kontakt bekam ich von Dr. Musall
(FH Karlsruhe) einige sehr interessante Kartennachdrucke zu diesem
Themenkomplex, die ich hier präsentieren darf. Herzlichen
Dank! Es sind Auszüge aus: "Die Feldzüge der französischen Armee am
Oberrhein während des polnischen Erbfolgekrieges 1734 und 1735. Eine
Denkschrift von Antoine de Regemorte 1739, kommentiert von Dr. Heinz Musall, FH
Karlsruhe, Fachbereich Kartographie 1992"
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