Militärkarten
               
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Der Speyerbach als Kriegslinie

Wenn man sich mit dem Speyerbach und seinen vielfältigen Aspekten beschäftigt, so macht man eine erstaunliche Entdeckung: er war mehrmals vordere Kriegslinie und Grenzverlauf zwischen den feindlichen Truppen und zwar zumindest in diesen Kriegen:

  • Pfälzischer Erbfolgekrieg (1688/89)

  • Deutsch-französischer Krieg 1696

  • Spanischer Erbfolgekrieg

  • Polnischer Erbfolgekrieg

In Auszügen soll in diesem Kapitel anhand historischer Kriegskarten und Kommentaren von Historikern gezeigt werden, welche Bedeutung der Speyerbach als Kriegslinie hatte. Zu bedenken ist hierbei immer, daß es früher noch große Bruchwaldbereiche gab, in Kriegsberichten wird oft von Sümpfen gesprochen, die nur schwer zu überwinden waren, man mußte zur Überquerung des Speyerbaches größere Vorbereitungen treffen (tragbare Brücken usw.). Aus heutiger Sicht erscheint uns das beim Betrachten des Speyerbaches und seiner Randzonen unglaublich, aber auch diese Texte vermitteln daher indirekt einen Eindruck vom dramatischen Wandel unserer Landschaft.


Der Türkenlouis vor Neustadt (1696)

Auszug aller Texte aus: "Neustadt an der Weinstraße: Beiträge zur Geschichte einer pfälzischen Stadt"; mit freundlicher Genehmigung des Autors Paul Habermehl

 

Inzwischen hatte man ausgekundschaftet, daß die Franzosen die Deutschen am SPEYERBACH erwarten wollten. Zwar hatten zunächst Pläne bestanden, eine Verteidigungsstellung beim ausgebrannten Dürkheim zu beziehen, doch hätte hier die Deckung gefehlt, da, wie oben schon erwähnt, die Gluthitze des Sommers das nordöstlich der Stadt sich erstreckende Sumpfgebiet ausgedörrt hatte. Vorschläge seiner Generäle, sich bei Neustadt ans Gebirge oder bei Speyer an den Rhein anzulehnen, hatte Coiseul widersprochen, weil dadurch dem Feind der Weg ins Elsaß geöffnet worden wäre. Die Stellung am SPEYERBACH erschien am meisten erfolgversprechend. Der bei Neustadt in die Rheinebene tretende SPEYERBACH teilt sich unterhalb Neustadts in zwei von vielen Gräben gespeiste Hauptarme.

Der eine, nämlich der Rehbach, mündet bei Altrip, der eigentliche SPEYERBACH aber bei Speyer in den Rhein. Beide umschließen sie den mit Sümpfen durchsetzten, verkehrstechnisch unerschlossenen Ordenswald, der bis an das Hochgestade des Rheins heranreicht. Die Ebene zwischen Ordenswald und dem Haardtgebirge konnte daher relativ leicht abgeriegelt werden. Am SPEYERBACH entlang bezogen die französischen Truppen von Speyer bis Neustadt Feldstellungen. Choiseul hatte sein Hauptquartier in Lachen aufgeschlagen, auf seinem rechten Flügel stand d'Huxelles und bei Neustadt lagerte d'Harcourt. Entlang der Linie wurden Retranchements aufgeworfen, der Ordenswald wurde durch Verhau unpassierbar gemacht. Alle diese Maßnahmen dienten dazu, eine Belagerung Philippsburgs und Landaus zu verhindern.

Am 8. und 9. September besetzen die Franzosen das links des SPEYERBACHS gelegene Vorfeld, das Haardter Schloß wird befestigt und der Kirchhof von Mußbach verpalisadiert, da nur hier ein Angriff in breiter Front vorgetragen werden konnte. Der Rehbach wird unterhalb der Stadt abgegraben und nach Süden in einen Graben abgeleitet. Durch diese Maßnahmen konnte zusammen mit einer Stauwehr am CASIMIRIANUM das Wiesengelände vor der eigenen Front überschwemmt werden.

....Auch der Markgraf hatte zahlreiche Vorbereitungen getroffen. Eine Schiffsbrücke hat er rheinaufwärts führen und bei Sandhofen einfahren lassen. 400 Infanteristen bewachen den Brückenknopf, 100 Dragoner sichern die Nachschubstraßen, so sind Vormarsch und Rück­zug gleichermaßen gedeckt. Aus Mainz werden 6 halbe Kartaunen herangeführt, von denen 3 bei der Brücke in Stellung gehen, während die 3 anderen bei der Beschießung der feindlichen Linien verwendet werden sollen. Marschall Thüngen hat den Befehl erhalten, ober­halb Straßburgs den Rhein zu überschreiten und den Franzosen in den Rücken zu fallen. Vom Gelingen dieser Operation hängt der Erfolg des ganzen Kriegszugs ab.

.......den mittleren Frontabschnitt zwischen der Stadt und dem Ordenswald. Hart oberhalb der Stadt wurde im Vogelsang eine neue Batterie eingerichtet, die aber wegen zu starken feindlichen Beschusses etwas höher gelegt werden mußte. Sie wird mit den Viertelskartaunen bestückt. Sämtliche Artilleriestellungen werden mit Palisaden versehen. An die 2000 Stück werden von den Stabsmarketendern herbeigeführt und unterhalb des Haardter Schlosses abgeladen. Zwischen dem Mußbach und dem Ordenswald werden in Verhaumanier aus Baumstämmen Redouten für Infanterieeinheiten geschaffen. Ein Artillerieoberst erhält am 23. 9. den Auftrag, mit 100 Mann hinter den Redouten einen Platz für eine Batterie auszu­wählen, die ein Gegengewicht zur französischen Artillerie im Spital Branchweiler bilden soll.

Bereits in der Nacht am 21. 9. haben 500 Mann am SPEYERBACH in Neustadts Nähe eine Batterie erstellt. Seit dem 13. 9. ebnet die Kavallerie alle Hindernisse im Aufmarschgebiet ein, außerdem stellt sie zahlreiche Brücken her, die bei einem Angriff über den SPEYERBACH geworfen werden sollen. Jeder freie Mann wird benötigt, um Faschinen (Reisigbündel) anzufertigen, die von der Reiterei im morastigen Gelände abgeworfen werden....  

Rest alter Schanzanlagen am Speyerbach, 1. Wehr vor Geinsheim - in der Nähe vom Golfplatz. Hinweis durch Herrn Norbert Kästel, Geinsheim 2002

Das Tagebuch des Türkenlouis enthält eine Kurzfassung der Unterredung, in der noch­mals alle Gründe zusammengefaßt sind, die diese folgenschwere Entscheidung rechtfertigen:

„...auf dem so genannten Viehberg ein sehr starkes Retranchement mit vilen Batterien verwahrt vor sich gehabt, von dem Stättlein selbsten aber gleich die Inondation (Überschwemmung) vor ihrem Lager angefangen, welche längs desselben ganzen fronte biß ann den diken Wald getaurt, welcher Waldt sich von dort an ann einem Stük bis gegen den Rhein hinunter ziehet, welchen sie dann überal verhauen und so sehr impracticabel gemacht haben, daß auch des Herrn Landgr. Hfürstl. Durchl. nicht einmal aus ihrem Lager hätten ausrücken oder auf den Feind anmarschiren können, mann hätte dann beide Armeen dichte aufeinander, bloß in der gegend zwischen dem Wald und dem Stättlein anführen wollen, allwo über die Inondation, erstlich die Speierbach selbsten, hinter diser aber ein zwei und wohl an den meisten orten dreifaches Retrenchement verfertigt gewesen, welches ann sich selbsten von vilen batterieen soutenirt (unterstützt), überdis aber noch von der ganzen Höhe des Viehberges ganz vorteilhafft flanquirt gestanden. Zudem so ist die feindliche Armee an sich selbsten noch etwas nahmhafftes stärker als wür gewesen, weilen sie gegen dem Hrn. Gen. FeldMarschl. v. Thüngen nicht gar vil detachirt, sondern die Redouten an dem obern Rhein, so alle schon seidhero einigen jähren aufgeworffen worden, mit Commandirten ").

Der Rückzug wird durch die Folgen eines lang anhaltenden Regenwetters erheblich ver­zögert und vollzieht sich in Etappen. Nachdem der Markgraf persönlich das sumpfige Wiesengelände zwischen Deidesheim und Ruppertsberg rekognosziert hatte, erteilt er dem Generalquartiermeister den Befehl, 42 Brücken von 25 Schritt Breite — vermutlich werden die zur Überquerung des SPEYERBACHS vorgefertigten Brücken verwendet — bis unterhalb des Dorfes Ruppertsberg aufzustellen. 800 Reiter der Bereitschaft werden dazu abkommandiert und in den umliegenden Ortschaften werden alle verfügbaren Pferde- und Ochsenfuhrwerke requiriert. Die Kavallerie befestigt die Wege mit Faschinen. Auch bei Forst müssen 30 Brücken zur Überwindung eines Morasts mit Bauernwagen herangeschafft werden, ebenso an der Isenach bei Bad Dürkheim. Von Neustadt bis Dürkheim müssen die Bauern alle störenden Hecken niederhauen, die Flurwege verbreitern und breite Schneisen für die Schwadronen in die Weinberge schlagen, der Rückmarsch soll nämlich annähernd in Schlachtord­nung durchgeführt werden. Die Schiffsbrücke wird von Sandhofen nach Worms geschleppt, wo man den Rhein überqueren will.

Zuallererst setzt sich am 3.10. der Konvoi mit den Halbkartaunen in Richtung Worms in Marsch. Gegen 17 Uhr des nächsten Tages folgt die von 100 Infanteristen bewachte Bagage. Um 20 Uhr werden die Geschütze von den Bergen heruntergeholt. Erst am 5. 10. bricht die Hauptarmee auf. Vor Tageseinbruch werden alle Posten auf den Bergen, den Schlössern und befestigten Kirchhöfen eingezogen und die Regimentsgeschütze und Munitionskarren ausgeteilt. Auf den Bergen läßt man nur einen Spähtrupp zurück, der bei einem feindlichen Angriff in die Wälder ausweichen soll. Zwischen 8 und 9 Uhr tritt die Armee in Schlachtordnung an. Der linke Flügel mit dem Landgrafen an der Spitze setzt sich zuerst in Bewe­gung. Die Franzosen lassen sich nur zu Scharmützeln hinreißen, da sie den überschwemmten Wiesengrund nur an 2 Stellen im Gänsemarsch passieren können und bei einem unvorsichtigen Angriff auf die Nachhut Gefahr laufen, in den SPEYERBACH getrieben zu werden. Hinter Mußbach stellen sie im verlassenen deutschen Lager die Verfolgung ganz ein.


Neustadt im Spanischen Erbfolgekrieg

Diplomatische und militärische Aspekte zu Planung und Errichtung der SPEYERBACHlinie bei Neustadt-Hambach

In unserem Raum werden im Frühjahr 1701 lange vor der formellen Kriegserklärung drei politische Kräfte aktiv: Der Kaiser, der Kurfürst von der Pfalz und die dem Rhein benachbarten Kreise. Gewitzigt durch die Erfahrungen zu Beginn des Pfälzischen Erbfolge­krieges versuchen sie, sich im Wettlauf mit französischen Rüstungsbestrebungen eine günstige Ausgangsposition für die nach ihrer Ansicht unausweichliche Konfrontation mit dem Erzfeind zu schaffen. Ihre Bemühungen gipfeln in der Errichtung eines defensiven Verteidigungssystems an Rhein und SPEYERBACH, von Basel bis Neustadt an der Haardt, das die französische Kriegswalze stoppen soll. Freilich verfolgt jeder dabei seine eigenen Ziele.

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Kaiser Leopold will entsprechend dem zwischen Frankreich, den Seemächten und ihm ausgehandelten Teilungsvertrag der spanischen Erbmasse vom Juni 1699 die Ansprüche seines Sohnes Karl auf Spanien, die spanischen Niederlande und die Kolonien gegen den von Ludwig XIV. seit November 1700 mit zweifelhaften Rechtstiteln protegierten Erben des Gesamtreichs, Philipp von Anjou, durchsetzen. Während Ludwig eine habsburgische Umklammerung fürchtet, bangt Leopold um den habsburgischen Hausbesitz. Johann Wilhelm, der Pfälzer Kurfürst, ist bemüht, seine Pfalz, die seit dem Pfälzischen Erbfolgekrieg fortgesetzt französischen Repressalien wehrlos ausgeliefert war, französischen Expansionsgelüsten zu entziehen. Die Kreise, allen voran der oberrheinische Kreis, befürchten ebenfalls französische Einfälle mit den üblichen militärischen Exzessen und der wirtschaftlichen Ausbeutungstaktik eines Heeres, das sich in Feindesland ernährt.

Als erster ergriff der Kurfürst von der Pfalz die Initiative. Noch vor dem Kaiser schloß er am 26. Mai einen Beistandspakt mit den Niederlanden und sandte wenige Tage später seinen Kanzler Franz Melchior von Wiser mit einer sehr detaillierten Instruktion nach Wien, „um persönlich Mitteilungen von der Lage am Rhein zu machen, weitere Verhaltensbefehle sich zu erbitten, Pläne und Vorschläge für die militärischen Operationen und das Oberkommando am Rhein zu überbringen".

Der entscheidende Passus der Instruktion für Wiser vom 2. Juni 1701 lautet: „Nachdem Ihre Kay. May., die Ihro durch die Cron Franckreich mit gewalth und List entzogene Spanische Monarchie zue recuperiren, den Krieg offensive führen müssen, so möchten Ihre Kay. May. die Hauptagression ohnmittelbar gegen die Cron Franckreich wenden und auf solche operationes am obern Rhein und in den Niederlanden antragen, wodurch einestheils die Reichsgränzen und Ihrer Kay. May. Alliierten Lande vor feindtlichem Einfall bedroht und anderntheils in des Feindts Lande eingetrungen werden möge. Am obern Rhein seye solches zue effectuiren allerdings ohnschwer, dahe man an der SPEYERBACH und Lauter bis an die Mosel nach dem abgefaßten Plan eine Lini ziehen, hernegst Landaw attaquiren, im Elsaß Posto fassen und die Contributiones sofort bis in die Campagne und (allerdings) gar bis vor Paris etabliren könne"2). Über Thematik und Ergebnisse seiner Verhandlungen erfahren wir folgendes: „Der vom Kurfürsten übersandte eingehende militärische Operationsplan über Errichtung defensiver Linien am Speierbach und über eine Belagerung Landaus wurde überreicht und von allen Seiten gutgeheißen"3). Der Kaiser beschwor den Kurfürsten, alles zu unterlassen, Frankreich zu reizen, dieses solle sich in Sicherheit wiegen und von dem Präventivschlag völlig überrascht werden.

Es entsprach kaiserlichem Willen, wenn der Pfälzische Kurfürst die jährlich zu entrichtenden Orlean'schen Gelder in Höhe von 300000 livres termingerecht zahlte, da sonst zu befürchten stand, „daß die Krone Frankreichs dies als Vorwand benutzen und die am Speierbach vorgeschlagene Linie nicht zur Ausführung gebracht werden könnte zu des Reiches unaussprechlichem Schaden".


Am Rand der Gemeinde Hanhofen tobte am 15.11. 1703 die Schlacht am Speyerbach im spanischen Erbfolgekrieg. Im Allmendwald sind heute noch steinerne Kreuze über Gräbern der Gefallenen zu finden (aus: "Heimatkundliche Veröffentlichungen des Historischen Museeums der Pfalz, Heft 1: Schloß Marientraut bei Hanhofen unter Speier a. Rh., von Prof. Fr. J. Hildenbrand, Speyer a. Rh. 1922)


Militärkartensammlung

Deutsch-französischer Krieg 1696

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Pfälzisch-böhmischer Krieg

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Spanischer Erbfolgekrieg

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Karten von Regemorte

("Die Feldzüge der französischen Armee am Oberrhein während des polnischen Erbfolgekrieges 1734 und 1735. Eine Denkschrift von Antoine de Regemorte 1739, kommentiert von Dr. Heinz Musall, FH Karlsruhe, Fachbereich Kartographie 1992" )

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Verwendete Quellen:

  • Das Buch "Neustadt an der Weinstraße: Beiträge zur Geschichte einer pfälzischen Stadt", mit zahlreichen Schwarzweiß-Karten. Die meisten dieser Karten wurden von digital bearbeitet und wegen einer besseren Übersichtlichkeit zumeist coloriert sowie hin und wieder mit Kommentaren versehen.

  • Durch einen persönliche Kontakt bekam ich von Dr. Musall (FH Karlsruhe) einige sehr interessante Kartennachdrucke zu diesem Themenkomplex, die ich hier präsentieren darf. Herzlichen Dank! Es sind Auszüge aus: "Die Feldzüge der französischen Armee am Oberrhein während des polnischen Erbfolgekrieges 1734 und 1735. Eine Denkschrift von Antoine de Regemorte 1739, kommentiert von Dr. Heinz Musall, FH Karlsruhe, Fachbereich Kartographie 1992" 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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