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JENTSCH, Christoph & LUKHAUP, Rainer: Die Holztrift im Biosphärenreservat
Naturpark Pfälzerwald als ein traditionelles Element der Kulturlandschaft. In: Beiträge zur Landeskunde
Südwestdeutschlands und angewandten Geographie (Dieter Anhuf & Christoph Jentsch, Hrsg.),
Mannheimer Geographische Arbeiten, Heft 46, 1998, pp.33-48
Das Biosphärenreservat und seine Entwicklungsziele
Als der Naturpark Pfälzerwald 1992 auf die Liste der
Biosphärenreservate der UNESCO gesetzt wurde, konnten nicht einmal die Experten
die Bedeutung dieses Prädikats abzuschätzen. In der Zwischenzeit haben die
Entwicklungsziele für ein Biosphärenreservat stärkere Konturen erhalten, so
daß bekannt ist, daß nachhaltige Entwicklung einer Kulturlandschaft unter
Beachtung des Ökosystems im Vordergrund aller Eingriffe und Betrachtungen
steht. Dabei soll es in diesem Schutzgebiet um eine Nutzung des Naturpotentials
gehen, das auch künftigen Generationen noch zur Verfügung stehen wird.
Einige der in Deutschland ausgewiesenen Biosphärenreservate haben bereits
Konzepte für eine solche nachhaltige Nutzung entwickelt, andere bemühen sich
um angepaßte Strategien in Siedlungs- und Wirtschaftsmaßnahmen, ohne noch eine
klare Zielrichtung erlangt zu haben. Dazu gehört der Naturpark Pfälzerwald,
bei dem im Zuge seiner Zuordnung zum Ressort des Umweltministeriums bislang
Gedanken des Natur- und Landschaftsschutzes im Vordergrund standen. Zwar wird
seit der Prädikatisierung versucht, die Entwicklung des Biosphärenreservates
auf eine wissenschaftlichen Grundlage zu stellen und sich an den erfolgreichen
Strategien vergleichbarer Gebiete zu orientieren, aber die Bewußtseinsbildung
in der Öffentlichkeit ist noch nicht hinreichend fortgeschritten.
Zu den Entwicklungszielen eines Biosphärenreservates gehört wohl eine
offensive Öffentlichkeitsarbeit, in der die Kulturleistungen der Vergangenheit
des Gebietes entsprechend gewürdigt und ihre Erhaltung diskutiert werden
sollten. Bestimmt sind nicht alle Nutzungsformen und Entwicklungsstadien der
Vergangenheit unumstritten und werden den Anforderungen an schonende Behandlung
des Ökosystems gerecht, aber sie verdienen zumindest in Erinnerung gerufen zu
werden, wenn man ihren Spuren noch auf Schritt und Tritt begegnen kann.
Traditionelle Wirtschaftsformen im Pfälzerwald
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Extensivierung der
Bodenbewirtschaftung im Gebiet der Pfalz und insbesondere der großen
Waldlandschaften der Mittelgebirge, die auf tiefgreifende Umbewertungen von
Siedlung und Wirtschaft in der Industriegesellschaft zurückzuführen sind,
haben schon einige Zweige traditioneller Wirtschaft eine
historisch-geographische Beschreibung und Bewertung erfahren. Diese sind
Voraussetzung für die Identifikation der Öffentlichkeit mit vergangenen
Bewertungen einer Kulturlandschaft. Der Bergbau auf Erze und deren Verarbeitung
im Pfälzerwald und seinen Nachbarlandschaften sind hier an erster Stelle zu
nennen, weil ihre Spuren bei Besuchern und Bewohnern auf das vielfältigste
Interesse gestoßen sind und vielversprechend in das touristische Angebot
eingebracht werden können. Allein aus diesem Betriebszweig erwächst eine
breite Palette von Fragestellungen hinein in Wasser- und Energiewirtschaft,
Arbeitskräftebesatz und Transportwesen (CLOER/KAISER-CLOER 1984, SPUHLER 1966).
In engem Zusammenhang mit der Forstwirtschaft sind die vielfältigen Waldgewerbe
wie Harzgewinnung, Glasmacherei oder Pottaschbrennerei zu sehen, die auch im
Pfälzerwald zahlreiche Siedlungen hervorgebracht haben, die heute meist nur
noch aus Flur- und Ortsnamen zu erschließen sind (SEEBACH 1994). Auch auf
diesem Gebiet hat die Wasserwirtschaft eine herausragende Bedeutung.
Zum bäuerlichen Betätigungskreis gehörte eine Niederwaldwirtschaft, die im
"Röderland" des südlichen Pfälzerwaldes eine echte
Feld-Wald-Wechselwirtschaft beinhaltete, mit der die bäuerliche Subsistenz
aufgebessert wurde, weil in diesem Gebiet der Talniederungen die
Wiesenwirtschaft überwog. Von dieser wiederum ist zu erwähnen, daß sie durch
zusätzliche Bewässerung und den aufwendigen "Schemelbau" zu höherem
Ertrag gebracht werden mußte, um der intensiven Viehhaltung gerecht zu werden.
Am Beispiel der nach dem 2. Weltkrieg fast schlagartig aufgegebenen
Wiesenbewässerung im Schemelbau kann der Qualitätsverlust einer
Kulturlandschaft aus Gründen der Vernachlässigung sehr eindrucksvoll belegt
werden: Wasserzuführung wie auch Entwässerung der Parzellen erfolgten durch
kleine Gräben, die der dauernden gemeinschaftlichen Pflege durch die Anlieger
bedurften. Wurden diese Arbeiten nicht regelmäßig durchgeführt, kam es zu
Versumpfungen ganzer Wiesengewanne und Flurteile. Das Königsbruch in der
Gemarkung Fischbach bei Dahn, einst auf die beschriebene Weise genutzt,
verwandelte sich durch die eingestellte Nutzung wieder in ein vernäßtes Areal,
das durch spontanen Holzanflug allmählich in einen Bruchwald überzugehen
drohte. Auch deshalb kam der Gedanke auf, das ganze Bruch durch Stauung zu
fluten und der wasserorientierten Erholung zuzuführen. Ökologen ist es zu
verdanken, daß von der absolut nicht standortgerechten Nutzung Abstand genommen
wurde.
Die Fließgewässer des Pfälzerwaldes hatten neben der bereits geschilderten
Bedeutung vor allem die Aufgabe der Wasserkraftnutzung für Mühlen und Sägen,
darüber hinaus im Triftbetrieb, weil sie den Holztransport aus den innersten
Waldgebieten bis zu den Verteilungs- und Verbrauchsstätten in der
oberrheinischen Ebene gewährleisten konnten. Die Holztrift, im pfälzischen
Sprachgebrauch sogar in amtlichen Urkunden etwas verallgemeinernd als Flößerei
bezeichnet, soll in diesem Beitrag als ein Beispiel für ein traditionelles
kulturlandschaftliches Element behandelt werden, weil nicht nur ihre Spuren
vielerorts erkennbar geblieben sind, sondern auch die Erinnerung daran bei der
betroffenen Bevölkerung nicht selten erhalten ist.
Geschichte des Triftwesens im Pfälzerwald
Obwohl vor allem die regionale und heimatkundliche Literatur
den Triftbetrieb auf verschiedenen pfälzischen Wasserläufen recht detailliert
analysiert (v.a. MEYER 1994, WEBER 1975), sollen die Grundzüge dieses
Wirtschaftszweiges hier im Hinblick auf erhaltenswerte Potentiale im
Biosphärenreservat nochmals reflektiert werden. Holz als uralter Werk- und
Brennstoff ist ein Wirtschaftsgut, das die Menschen von seiner Gewinnung bis zu
seinem Verbrauch vor große Aufgaben stellt: Da Holz höchst selten an seinem
Wuchsort in den Waldgegenden direkt verbraucht wird, ist es vom Punkt der
Gewinnung zu dem der Verwendung zu transportieren. Gewicht und Sperrigkeit
schränken die Transportmöglichkeit weiter ein. Die Tatsache, daß die meisten
Holzarten auf dem Wasser schwimmen, begünstigt den Transport auf dem Wasserweg.
Wenn dann die Richtung der Fließgewässer vom Ort der Gewinnung zum Ort des
Verbrauchs weist, sind wie z.B. im Pfälzerwald die Vorbedingungen noch
günstiger. Die Wasserstraße sollte darüber hinaus eine bestimmte Breite und
eine Tiefe aufweisen, daß Baumstämme ohne Grundberührung transportiert werden
können. Eine weitere Vorbedingung für die freie Trift ist ein gleichmäßiges
Gefälle von 0,5 bis 1,5 % für nicht miteinander verbundene Hölzer; bei echter
Flößerei, bei der Langholzstämme miteinander verbunden werden, sollte das
Gefälle unter 0,5 % liegen.
Der Pfälzerwald gehört nicht eben zu jenen bewaldeten Mittelgebirgen, die
durch ihre hohe Aufragung besonders viel Regen oder Schnee einfangen. Auch die
Höhenlagen erhalten im langjährigen Durchschnitt nicht mehr als 700-800 mm
Niederschlag im Jahr. Das Niederschlagsmaximum fällt in den Früh- bis
Spätsommermonaten bei typischen Westwindwetterlagen. Der hier vorherrschende
geologische Untergrund des Buntsandsteins besitzt gute Eigenschaften als
Speicher für die eingetragene Feuchtigkeit und bewirkt einen verzögerten
Abfluß, so daß die stärkste Wasserführung der Bäche erst vom ausgehenden
Winter an gegeben ist. Quellen finden sich hier in etwas tieferen Lagen an
wasserstauenden Horizonten. Die geringe Entfernung zum Oberrheingraben bedingt
eine reiche Reliefgliederung in stark eingetiefte und verästelte Täler, die im
Zentrum des Pfälzerwaldes in steilen Talschlüssen enden. Dieser Formenkreis
stimmt nicht mit der heutigen Wasserführung und Erosionskraft der Bäche
überein und ist demzufolge vor allem als eine vorzeitliche Bildung anzusehen.
Betrachtet man die Fließgewässer des Pfälzerwaldes nach ihren Eigenschaften,
so ist unschwer zu erkennen, daß die für Trift oder Flößerei notwendigen
Bedingungen nur teilweise erfüllt werden: Zu allen Jahreszeiten müssen für
den Triftbetrieb größere Wassermengen zugeführt werden, als im normalen
Abfluß vorhanden sind. Dies geschieht durch Aufstau in den Klausen, aus denen
für den Transport von Holz jeweils ein Wasserschwall abgelassen wird. Der
gewundene Lauf der Kleingewässer muß stellenweise durch festen Ausbau der
Uferränder begradigt werden. Auch das genügt noch nicht für den Transport von
Stämmen, die 2 m Länge überschreiten. Damit ist die Trift im Pfälzerwald
ausschließlich Brennholz vorbehalten geblieben. Langholz, z.B. bis 40 m
messende Holländertannen für den Schiffsbau, sind ausschließlich durch Pferde
zu Fuhrwerken geschleppt worden, um möglicherweise am Rhein in Flöße
eingebunden zu werden.
Die Ausbaumaßnahmen von Klausen, Schwellwasserteichen und entsprechenden
Auffangwerken am Bestimmungsort waren recht aufwendig, denn neben Erddämmen
oder Holzkonstruktionen waren vielfach Steinbauwerke mit verschließbaren
Schleusen notwendig, die im Pfälzerwald zumeist in der Blütezeit der Trift in
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden sind.
Stellenweise wurde es notwendig, einen Triftkanal an einem wasserspeichernden
Teich vorbeizuführen, der einen Wasserschwall im weiteren Unterlauf
ermöglichte. Auch solche Anlagen, wie sie in Speyerbrunn und an der alten
Schmelz bei Elmstein noch erkennbar sind, erforderten einen besonderen
technologischen Standard.

Triftanlage an der Speyerbachquelle
(Speyerbrunn)
MEYER (1994) gewinnt den aufwendigen Baumaßnahmen zur Trift
noch einen weiteren Gesichtspunkt ab: Sie können im beginnenden 19. Jahrhundert
mit der existenzbedingten Abwanderung der Bevölkerung auch als eine staatlich
gelenkte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gesehen werden.
Eine weitere Erschwernis des Triftbetriebs liegt im unterschiedlichen Gefälle
der Triftbäche im Pfälzerwald begründet. Die Oberläufe der Bäche haben auf
einer Strecke von etwa 100 m Höhen von 4 bis 5 Metern zu überwinden, bei denen
natürliche Stufen zur Auskolkung durch das fließende Wasser führen würden.
Hier muß das Bachbett vollständig auch am Grund mit Schrägen ausgemauert
sein, die als "Riesel" bezeichnet werden. Am Beispiel des Kleinen
Legelbaches kann dies belegt werden, an dem sich auf einer Strecke von nur zwei
Kilometern über 20 solcher künstlicher Rieseln befinden.

Riesel am Legelbach (Foto von oben)

Situation und Profil des Laufes des Kleinen
Legelbachs, auf das Bild klicken für Vergrösserung
Holztrift und Flößerei haben ein hohes Alter in der
Menschheitsgeschichte. Bereits im Alten Testament, im 1. Buch der Könige,
Kapitel 5, ist zu erfahren, daß beim Tempelbau Salomons die Bauholzanforderung
an Hiram, den König von Tyros, erging, Zedern- und Zypressenholz aus dem
Libanon zu beschaffen, was auf dem Wasserweg vor sich ging. Ebenso ist die
Flößerei aus dem Römischen Reich bekannt geworden.
Für den Pfälzerwald ist ein Abkommen über die Ausübung der Flößerei
zwischen den Oberhaingeraidegemeinden und der Stadt Landau im Jahre 1295
überliefert. Eine Floßholzlegereiordnung für den Holzhof in Neustadt aus den
Jahren 1320 bis 1330 belegt diese Transportart auch für das Einzugsgebiet des
Speyerbaches. Anforderungen von Abgaben der Flößer an die Verwaltung der
Kurpfalz begegnete König Ruprecht III im Jahre 1403 mit dem Privileg der Stadt
Neustadt zur Flößerei, der sogenannten "Bachfreiheit". Zahlreiche
Floßbäche werden 1601 von Forstmeister Vellmann in seiner Waldbeschreibung
erwähnt, so daß man den Holztransport auf vielen Gewässern des Pfälzerwaldes
seit dem Mittelalter als gesichert ansehen kann.
Weitere Floßordnungen, z.B. im Jahre 1555 für Neustadt, zeigen an, daß
bereits zu diesem frühen Zeitpunkt klare Regelungen über Kosten und Preise,
über die Zeiten der Trift, den Betriebsablauf/ Strafen für Vergehen und
Entschädigungen bei Nutzungskonflikten getroffen worden sind. Mitte des 18.
Jahrhunderts steht unter Kurfürst Carl Theodor der Triftbetrieb in hoher
Blüte, und das Transportnetz wird durch Verbindungsgräben in der Ebene bis zum
Rhein erweitert.
In der Periode unter französischer Verwaltung vom ausgehenden 18. Jahrhundert
bis zur Übernahme der Pfalz durch Bayern wurde die Regulierung des Triftwesens
etwas vernachlässigt, obwohl Kaiser Napoleon 1807 ein sehr umfangreiches Dekret
herausbrachte, das Monopole für die Holzkompanien schuf.
In der nachfolgenden bayerischen Zeit wurde anfänglich versucht, die Trift
zumindest auf dem Speyerbach in staatliche Regie zu nehmen. Aber noch in der
Ausbauzeit bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts deutete sich der Niedergang an,
der von den technischen Neuerungen der Eisenbahn und der Steinkohleverwendung
verursacht wurde. Auch die Zielsetzungen der bayerischen Forstpolitik waren
erheblich verändert:
Bestehende Waldweidenutzungen wurden abgelöst, die Waidbauernhöfe aufgekauft
und niedergelegt und mit neuen schnellwüchsigen Baumarten aufgeforstet.
Verbreitung der Trift und ihre Bewertung
Aus der Ausbauperiode stammt immerhin ein umfangreiches Inventar der Floßbäche
.in der Pfalz, das sich auf insgesamt 33 Gewässer erstreckte. Im Einzugsgebiet
von Wieslauter, Queich und Speyerbach waren allein 260 km triftfähig ausgebaut.
An erster Stelle stand das Speyerbachgebiet, in dem sich nicht weniger als 33
Klausen befanden, die zum Teil noch heute erhalten sind. Der umfangreichste
Wasserstau konnte im Franzo-senwoog bei Hochspeyer bewirkt werden. Eine
Verbindung über die Wasserscheide zwischen Queich und Wieslauter wurde durch
Fuhrwerkstransport geschaffen.
Die Karte der Trift- oder Floßgewässer des Pfälzerwaldes verdeutlicht eine
gewisse Gunst dieses bewaldeten Mittelgebirges, dessen Entwässerung zentrifugal
angelegt ist. Die wichtigsten Flußläufe streben der dicht besiedelten
oberrheinischen Tiefebene zu und erschließen allein durch die Systeme von
Speyerbach und Hochspeyerbach ein zentral gelegenes bewaldetes Einzugsgebiet,
das auf 140 km Länge den Holztransport auf dem Wasser ermöglicht.

Triftgewässer des Pfälzerwaldes um die Mitte des 19.
Jahrhunderts
Das Triftwassernetz weist eine auffällige Lücke im Bereich
der Isenach auf, was dadurch zu erklären ist, daß an diesem Fluß im
Waldgebiet etliche wasserzehrende Papierfabriken angesiedelt waren. In der Ebene
wurde dann die Verbindung zur Isenach und zum Frankenthaler Kanal über den
Rehbach und den schon 1 743 erbauten Floßkanal wiederhergestellt.
Mit den Holzhöfen, auch Staden genannt, standen Auffang- und Verteilerstellen
für das Holz in Albersweiler, Landau, Neustadt, Speyer, Mutterstadt und
Frankenthal zur Verfügung. Später gesellten sich Schifferstadt, Bobenthal und
Maxdorf hinzu. Die zuletzt genannte Gemeinde verdankt ihre Entstehung dem
Holzhof für die Dürkheimer Saline an der von Oggersheim ausgehenden
Landstraße.
Am Beispiel der Gemeinde Elmstein kann die Abhängigkeit der Bevölkerung vom
Erwerb in der Forstwirtschaft und im Triftwesen sehr gut dokumentiert werden.
Der Ausbau des Triftwesens in bayerischer Zeit muß geradezu als eine
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gesehen werden. Auch die Lohn- und Entgeltlisten
der Zeit geben darüber Aufschluß (MEYER 1994, S. 190 ff.).
Obwohl im 19. Jahrhundert die Lebensbedingungen im Pfälzerwald eine große
Auswanderungswelle ausgelöst hatten - in Berlin gibt es z.B. einen Elmsteiner
Weg -stieg die Einwohnerzahl dieser Gemeinde mit ihren Teilorten im oberen
Talbereich und im Helmbachtal gerade in der ersten Hälfte des Jahrhunderts
bemerkenswert an.
Auf dem Höhepunkt des organisierten Triftwesens hat sich die
Bevölkerungszahl verdoppelt, obwohl in diesem Zeitraum eine Anzahl von
Waldbauernhöfen eingegangen ist.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auch in Elmstein Heimatvertriebene und
Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten angesiedelt, von denen aber etliche
mangels lokaler Erwerbsmöglichkeiten wieder abgewandert sind. Von den
ursprünglich vorhandenen gewerblichen Arbeitsstätten haben in erster Linie die
Sägewerke und der Forstbetrieb sowie dessen Verwaltung am Ort überdauert. Dem
allgemeinen Trend entsprechend hat vor allem der Handel eine wesentliche
Konzentration erfahren: Im Jahre 1963 gab es in Elmstein noch über 70 reine
Handelsbetriebe, die 1994 auf 16 zurückgegangen waren. Dadurch hat sich nicht
nur die Versorgung, sondern auch die Beschäftigungslage am Ort gravierend
verschlechtert, so daß von den rund 1.000 versicherungspflichtig Beschäftigten
im Jahre 1995 758 Personen zu ihren Arbeitsstellen auspendeln mußten.
Die Landwirtschaft hat in diesem Ort stets nur Bedeutung für die
Selbstversorgung gehabt. Bodennutzungserhebungen aus den Jahren vor dem Zweiten
Weltkrieg bezeugen, daß von der 7.500 ha großen Gemarkung nur ein Bruchteil,
nämlich 225 ha, als landwirtschaftliche Nutzfläche ausgewiesen waren. 1939
registrierte man eine Ackerfläche von 121 ha, von denen 51 ha mit Winterroggen
und 61 ha mit Kartoffeln bebaut waren. Aus diesem intensiven Hackfruchtanbau
kann man auf Fruchtwechselfolge schließen, wenn nicht gar von einigen Betrieben
Kartoffelanbau in Dauerkulturen ausgeübt worden ist. Etwa 90 ha blieben damit
der Grünlandwirtschaft vorbehalten, von der rund 80 ha unter Wiesenbewässerung
standen. Damit korrespondieren sehr hohe Viehbesatzzahlen: 1934 wurden in der
Gemeinde nicht weniger als 17 Pferde, 350 Rinder, 200 Schweine, 1.300 Stück
Geflügel und 279 Ziegen gehalten.
Die landwirtschaftliche Betriebszählung weist 1968 noch 36 Betriebe aus, von
denen allein 31 auf einer Fläche von weniger als 0,5 ha wirtschafteten. Das
bedeutet natürlich, daß es in Elmstein nicht nur zu diesem Zeitpunkt vor allem
Nebenerwerbsbetriebe gegeben hat (1925 waren es 397 Nebenerwerbsbetriebe!)/ bei
denen den Frauen und Kindern sowohl die Feldarbeit, als auch die Viehbetreuung
oblag, während die Männer der Forstarbeit, später auch gewerblicher
Betätigung außerhalb des Ortes nachgingen. Eine vorteilhafte Ergänzung der
Landwirtschaft bildete in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg der Obstanbau in der
Waldgemeinde. 1913 wurden hier 684 Apfelbäume, 235 Birnbäume, 1.220
Zwetschgenbäume und 157 Kirschbäume gezählt.
Die Landwirtschaftszählung von 1968 erfolgte auf dem Höhepunkt der Ausbreitung
von Sozialbrache, wobei neben der genutzten landwirtschaftlichen Fläche auch
die ungenutzte ausgewiesen wurde. In der Gemeinde Elmstein war die
landwirtschaftliche Fläche damals bereits auf 36 ha geschrumpft, von denen
genau die Hälfte brachgefallen war, ein Verhältnis, wie es für fast alle
Pfälzerwald-Gemeinden typisch war.

Triftbäche im Einzugsgebiet des Speyerbachs
bei Elmstein
Eine gewisse Ergänzung des Erwerbs ist in dieser Waldgemeinde
seit jeher der Fremdenverkehr, der in Form der Sommerfrische schon vor dem
Zweiten Weltkrieg einsetzte. Um das Jahr 1930 besaß Elmstein schon weit über
400 Fremdenbetten und konnte fast 16.000 Übernachtungen verzeichnen. 1993 waren
in der Gemeinde reichlich 300 Betten gemeldet, für die 34.000 Übernachtungen
festgestellt wurden. Daraus wird eine gewisse Stabilität dieses
Wirtschaftszweigs erkennbar, denn der Naherholungstourismus aus der Region kommt
hinzu, ohne den die vorhandenen Gastronomiebetriebe nicht existieren könnten.'
Im Gemeindegebiet von Elmstein sind auch die dinglichen Zeugnisse der Holztrift
der Vergangenheit am besten erhalten, so daß sich eine konservierende
Dokumentation vor Ort ganz selbstverständlich ergeben sollte.
Die naturräumlichen Bedingungen, namentlich die Wasserverfügbarkeit in den
Fließgewässern, machten es notwendig, den Triftbetrieb auf das Winterhalbjahr
zu beschränken. Offizieller Beginn war Michaeli, der 29. September; beendet
wurde die Trift an Georgi, dem 23. April. Da der höchste Abfluß im Frühjahr
gegeben war, bildete diese Jahreszeit auch die Haupttriftzeit. Getriftet wurde
ausschließlich Kurzholz, in der Hauptsache Brennholz, aber auch vorgetrocknetes
Nutzholz für die Weinwirtschaft, nämlich Daubholz und sogenannte
"Wingertsstiefel".
Vor Beginn jeglicher Trift stand eine Begehung der Triftstrecke und eine
Benachrichtigung der Anlieger, z.B. der Mühlenbesitzer, die ihre Tätigkeit
entsprechend aussetzen mußten. Im Triftbetrieb waren zahlreiche Arbeitskräfte
eingesetzt, was mit dem Einwerfen des Holzes an den Pollerplätzen begann und
von ständigen Korrekturen des treibenden oder angestauten Holzes mit Hilfe von
Floßhaken durch Floßknechte auf der Strecke begleitet werden mußte. Dies
setzte eine durchgängige Begehbarkeit der Bachufer voraus. Außerhalb der
Triftsaison fielen laufend Instandsetzungsarbeiten an den Einrichtungen an, bei
denen die Bewohner der Waldsiedlungen Beschäftigung fanden. Nachdem bereits im
napoleonischen Dekret von 1807 die Entschädigungen für den Stillstand von
Mühlen und Sägen festgelegt wurden, waren die Streitigkeiten mit den sonstigen
Anliegern keineswegs beseitigt; hier mußte ständig nachgebessert werden. Erst
im Jahre 1877 wurde die Eigentumsfrage an den Bächen zu Gunsten der staatlichen
Trift geklärt, als das Ende dieses Wirtschaftszweigs bereits abzusehen war. Wie
bereits oben angeführt, ging die Blütezeit der Holztrift um die Mitte des 19.
Jahrhunderts zu Ende. Nicht nur der Bau der Ludwigsbahn, die ab 1849 die
Steinkohlegruben der Saarpfalz mit dem Oberrhein und dem restlichen
Süddeutschland verband, brachte dem Brennholz auf dem Markt eine ernsthafte
Konkurrenz, auch der wachsende Bedarf an Bauholz, das für die Trift nicht in
Frage kam, zeigte dem Triftbetrieb im Pfälzerwald deutliche Grenzen auf. Hinzu
kamen der Ausbau fahrbarer Verkehrswege im Waldgebiet und ständige Konflikte
mit anderen Anliegern und Nutzungsberechtigten der Gewässer, so daß der
Triftbetrieb schon 1882 auf die inneren Täler bis zur Flößerortschaft
Frankeneck zurückgenommen wurde. 1902 erfolgte die letzte Trift im Elmsteiner
Tal. Sie beförderte noch einmal 6.193 Ster Brennholz; in der Saison 1906/07
wurde die Trift offiziell für beendet erklärt.
Informationen dieses Abschnitts vor allem aus dem
Gemeindearchiv und nach freundlichen Mitteilungen von E. UHLY und O. FEYOCK.

Funktionswandel des ehemaligen Triftplatzes
(Pollerplatzes) in Elmstein, Fotografie M.Grund, nach einer Motividee von
Jentsch/Lukhaup
Schon eine 1858 anonym in Zweibrücken erschienene
Streitschrift gegen die staatlichen Trifteinrichtungen hatte im Zeitalter des
industriellen Aufschwungs die öffentliche Stimmung gegen diesen
Wirtschaftszweig aufgebracht (MEYER 1994, S. 194 ff.). Wichtigste Argumente
gegen diesen Holztransport waren Gegenüberstellungen von Kosten und Nutzen, im
einzelnen die hohen Personalkosten von Triftbeamten und zahllosen
Triftarbeitern, die Ausbauinvestitionen sowie die regelmäßig anfallenden
Reparaturkosten und Entschädigungen. Der Nutzen der staatlichen Intervention
wurde andererseits anerkannt, weil sie die Ausbildung von Preismonopolen
verhindere und um die regelmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Brennholz
bemüht sei.
In dem nunmehr fast verflossenen Jahrhundert nach der Holztrift im Pfälzerwald
ist festzustellen/ daß die baulichen Einrichtungen vor allem in den Arealen des
Staatsforstes fast unzerstört erhalten geblieben sind, während sie in den
zugänglicheren Tälern mit vielen Besuchern und privaten Anliegern oft der
mutwilligen Zerstörung anheimfielen. An einigen Orten sind die Klausen und
Wassereservoire in Fischzuchtanlagen umgewidmet worden, was ihrer Erhaltung
zugute kommt. Gleichzeitig können diese ehemaligen Stauteiche als
Regenrückhaltebecken dienen.
Streckenweise sind auch ausgemauerte Bachläufe erhalten geblieben. Nicht nur,
was eine geregelte Wasserwirtschaft anbetrifft, ist dieser Zustand positiv zu
bewerten, denn sie veranschaulichen einen traditionellen Betriebszweig der
Holzwirtschaft in diesem Gebiet. Dort, wo das Verbauungsmaterial von den Ufern
entfernt wurde, besteht die Gefahr des ungeregelten Abflusses unter
gleichzeitiger Überflutung des benachbarten Areals, was im Endeffekt weitere
Versumpfung und Verwahrlosung der typischen Wiesentäler des Pfälzerwaldes nach
sich zieht.
Im Hinblick auf die geschilderte kulturhistorische Bedeutung der Holztrift und
bestimmte Entwicklungsziele im Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald
erscheint es durchaus angebracht, die Trifteinrichtungen vor Ort zu erhalten, um
im touristischen Potential des Raumes einen weiteren Akzent zu setzen. Ansätze
dazu finden sich bereits im vormaligen Kerngebiet um Elmstein durch örtliche
Initiativen.
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