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JENTSCH, Christoph & LUKHAUP, Rainer: Die Holztrift im Biosphärenreservat
Naturpark Pfälzerwald als ein traditionelles Element der Kulturlandschaft. In: Beiträge zur Landeskunde
Südwestdeutschlands und angewandten Geographie (Dieter Anhuf & Christoph Jentsch, Hrsg.),
Mannheimer Geographische Arbeiten, Heft 46, 1998, pp.33-48
Verbreitung der Trift und ihre Bewertung

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Triftgewässer des Pfälzerwaldes um die Mitte des 19.
Jahrhunderts
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Triftbäche im Einzugsgebiet des Speyerbachs
bei Elmstein
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Aus der Ausbauperiode stammt immerhin ein umfangreiches Inventar der Floßbäche
.in der Pfalz, das sich auf insgesamt 33 Gewässer erstreckte. Im Einzugsgebiet
von Wieslauter, Queich und Speyerbach waren allein 260 km triftfähig ausgebaut.
An erster Stelle stand das Speyerbachgebiet, in dem sich nicht weniger als 33
Klausen befanden, die zum Teil noch heute erhalten sind. Der umfangreichste
Wasserstau konnte im Franzo-senwoog bei Hochspeyer bewirkt werden. Eine
Verbindung über die Wasserscheide zwischen Queich und Wieslauter wurde durch
Fuhrwerkstransport geschaffen.
Die Karte der Trift- oder Floßgewässer des Pfälzerwaldes verdeutlicht eine
gewisse Gunst dieses bewaldeten Mittelgebirges, dessen Entwässerung zentrifugal
angelegt ist. Die wichtigsten Flußläufe streben der dicht besiedelten
oberrheinischen Tiefebene zu und erschließen allein durch die Systeme von
Speyerbach und Hochspeyerbach ein zentral gelegenes bewaldetes Einzugsgebiet,
das auf 140 km Länge den Holztransport auf dem Wasser ermöglicht.
Das Triftwassernetz weist eine auffällige Lücke im Bereich
der Isenach auf, was dadurch zu erklären ist, daß an diesem Fluß im
Waldgebiet etliche wasserzehrende Papierfabriken angesiedelt waren. In der Ebene
wurde dann die Verbindung zur Isenach und zum Frankenthaler Kanal über den
Rehbach und den schon 1 743 erbauten Floßkanal wiederhergestellt.
Mit den Holzhöfen, auch Staden genannt, standen Auffang- und Verteilerstellen
für das Holz in Albersweiler, Landau, Neustadt, Speyer, Mutterstadt und
Frankenthal zur Verfügung. Später gesellten sich Schifferstadt, Bobenthal und
Maxdorf hinzu. Die zuletzt genannte Gemeinde verdankt ihre Entstehung dem
Holzhof für die Dürkheimer Saline an der von Oggersheim ausgehenden
Landstraße.
Am Beispiel der Gemeinde Elmstein kann die Abhängigkeit der Bevölkerung vom
Erwerb in der Forstwirtschaft und im Triftwesen sehr gut dokumentiert werden.
Der Ausbau des Triftwesens in bayerischer Zeit muß geradezu als eine
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gesehen werden. Auch die Lohn- und Entgeltlisten
der Zeit geben darüber Aufschluß (MEYER 1994, S. 190 ff.).
Obwohl im 19. Jahrhundert die Lebensbedingungen im Pfälzerwald eine große
Auswanderungswelle ausgelöst hatten - in Berlin gibt es z.B. einen Elmsteiner
Weg -stieg die Einwohnerzahl dieser Gemeinde mit ihren Teilorten im oberen
Talbereich und im Helmbachtal gerade in der ersten Hälfte des Jahrhunderts
bemerkenswert an.
Auf dem Höhepunkt des organisierten Triftwesens hat sich die
Bevölkerungszahl verdoppelt, obwohl in diesem Zeitraum eine Anzahl von
Waldbauernhöfen eingegangen ist.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auch in Elmstein Heimatvertriebene und
Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten angesiedelt, von denen aber etliche
mangels lokaler Erwerbsmöglichkeiten wieder abgewandert sind. Von den
ursprünglich vorhandenen gewerblichen Arbeitsstätten haben in erster Linie die
Sägewerke und der Forstbetrieb sowie dessen Verwaltung am Ort überdauert. Dem
allgemeinen Trend entsprechend hat vor allem der Handel eine wesentliche
Konzentration erfahren: Im Jahre 1963 gab es in Elmstein noch über 70 reine
Handelsbetriebe, die 1994 auf 16 zurückgegangen waren. Dadurch hat sich nicht
nur die Versorgung, sondern auch die Beschäftigungslage am Ort gravierend
verschlechtert, so daß von den rund 1.000 versicherungspflichtig Beschäftigten
im Jahre 1995 758 Personen zu ihren Arbeitsstellen auspendeln mußten.
Die Landwirtschaft hat in diesem Ort stets nur Bedeutung für die
Selbstversorgung gehabt. Bodennutzungserhebungen aus den Jahren vor dem Zweiten
Weltkrieg bezeugen, daß von der 7.500 ha großen Gemarkung nur ein Bruchteil,
nämlich 225 ha, als landwirtschaftliche Nutzfläche ausgewiesen waren. 1939
registrierte man eine Ackerfläche von 121 ha, von denen 51 ha mit Winterroggen
und 61 ha mit Kartoffeln bebaut waren. Aus diesem intensiven Hackfruchtanbau
kann man auf Fruchtwechselfolge schließen, wenn nicht gar von einigen Betrieben
Kartoffelanbau in Dauerkulturen ausgeübt worden ist. Etwa 90 ha blieben damit
der Grünlandwirtschaft vorbehalten, von der rund 80 ha unter Wiesenbewässerung
standen. Damit korrespondieren sehr hohe Viehbesatzzahlen: 1934 wurden in der
Gemeinde nicht weniger als 17 Pferde, 350 Rinder, 200 Schweine, 1.300 Stück
Geflügel und 279 Ziegen gehalten.
Die landwirtschaftliche Betriebszählung weist 1968 noch 36 Betriebe aus, von
denen allein 31 auf einer Fläche von weniger als 0,5 ha wirtschafteten. Das
bedeutet natürlich, daß es in Elmstein nicht nur zu diesem Zeitpunkt vor allem
Nebenerwerbsbetriebe gegeben hat (1925 waren es 397 Nebenerwerbsbetriebe!)/ bei
denen den Frauen und Kindern sowohl die Feldarbeit, als auch die Viehbetreuung
oblag, während die Männer der Forstarbeit, später auch gewerblicher
Betätigung außerhalb des Ortes nachgingen. Eine vorteilhafte Ergänzung der
Landwirtschaft bildete in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg der Obstanbau in der
Waldgemeinde. 1913 wurden hier 684 Apfelbäume, 235 Birnbäume, 1.220
Zwetschgenbäume und 157 Kirschbäume gezählt.
Die Landwirtschaftszählung von 1968 erfolgte auf dem Höhepunkt der Ausbreitung
von Sozialbrache, wobei neben der genutzten landwirtschaftlichen Fläche auch
die ungenutzte ausgewiesen wurde. In der Gemeinde Elmstein war die
landwirtschaftliche Fläche damals bereits auf 36 ha geschrumpft, von denen
genau die Hälfte brachgefallen war, ein Verhältnis, wie es für fast alle
Pfälzerwald-Gemeinden typisch war.
Eine gewisse Ergänzung des Erwerbs ist in dieser Waldgemeinde
seit jeher der Fremdenverkehr, der in Form der Sommerfrische schon vor dem
Zweiten Weltkrieg einsetzte. Um das Jahr 1930 besaß Elmstein schon weit über
400 Fremdenbetten und konnte fast 16.000 Übernachtungen verzeichnen. 1993 waren
in der Gemeinde reichlich 300 Betten gemeldet, für die 34.000 Übernachtungen
festgestellt wurden. Daraus wird eine gewisse Stabilität dieses
Wirtschaftszweigs erkennbar, denn der Naherholungstourismus aus der Region kommt
hinzu, ohne den die vorhandenen Gastronomiebetriebe nicht existieren könnten.'
Im Gemeindegebiet von Elmstein sind auch die dinglichen Zeugnisse der Holztrift
der Vergangenheit am besten erhalten, so daß sich eine konservierende
Dokumentation vor Ort ganz selbstverständlich ergeben sollte.
Die naturräumlichen Bedingungen, namentlich die Wasserverfügbarkeit in den
Fließgewässern, machten es notwendig, den Triftbetrieb auf das Winterhalbjahr
zu beschränken. Offizieller Beginn war Michaeli, der 29. September; beendet
wurde die Trift an Georgi, dem 23. April. Da der höchste Abfluß im Frühjahr
gegeben war, bildete diese Jahreszeit auch die Haupttriftzeit. Getriftet wurde
ausschließlich Kurzholz, in der Hauptsache Brennholz, aber auch vorgetrocknetes
Nutzholz für die Weinwirtschaft, nämlich Daubholz und sogenannte
"Wingertsstiefel".
Vor Beginn jeglicher Trift stand eine Begehung der Triftstrecke und eine
Benachrichtigung der Anlieger, z.B. der Mühlenbesitzer, die ihre Tätigkeit
entsprechend aussetzen mußten. Im Triftbetrieb waren zahlreiche Arbeitskräfte
eingesetzt, was mit dem Einwerfen des Holzes an den Pollerplätzen begann und
von ständigen Korrekturen des treibenden oder angestauten Holzes mit Hilfe von
Floßhaken durch Floßknechte auf der Strecke begleitet werden mußte. Dies
setzte eine durchgängige Begehbarkeit der Bachufer voraus. Außerhalb der
Triftsaison fielen laufend Instandsetzungsarbeiten an den Einrichtungen an, bei
denen die Bewohner der Waldsiedlungen Beschäftigung fanden.
Nachdem bereits im napoleonischen Dekret von 1807 die Entschädigungen für den
Stillstand von Mühlen und Sägen festgelegt wurden, waren die Streitigkeiten
mit den sonstigen Anliegern keineswegs beseitigt; hier mußte ständig
nachgebessert werden. Erst im Jahre 1877 wurde die Eigentumsfrage an den Bächen
zu Gunsten der staatlichen Trift geklärt, als das Ende dieses Wirtschaftszweigs
bereits abzusehen war.
Wie bereits oben angeführt, ging die Blütezeit der Holztrift um die Mitte des
19. Jahrhunderts zu Ende. Nicht nur der Bau der Ludwigsbahn, die ab 1849 die
Steinkohlegruben der Saarpfalz mit dem Oberrhein und dem restlichen
Süddeutschland verband, brachte dem Brennholz auf dem Markt eine ernsthafte
Konkurrenz, auch der wachsende Bedarf an Bauholz, das für die Trift nicht in
Frage kam, zeigte dem Triftbetrieb im Pfälzerwald deutliche Grenzen auf. Hinzu
kamen der Ausbau fahrbarer Verkehrswege im Waldgebiet und ständige Konflikte
mit anderen Anliegern und Nutzungsberechtigten der Gewässer, so daß der
Triftbetrieb schon 1882 auf die inneren Täler bis zur Flößerortschaft
Frankeneck zurückgenommen wurde. 1902 erfolgte die letzte Trift im Elmsteiner
Tal. Sie beförderte noch einmal 6.193 Ster Brennholz; in der Saison 1906/07
wurde die Trift offiziell für beendet erklärt.
Informationen dieses Abschnitts vor allem aus dem
Gemeindearchiv und nach freundlichen Mitteilungen von E. UHLY und O. FEYOCK.

Funktionswandel des ehemaligen Triftplatzes
(Pollerplatzes) in Elmstein, Fotografie M.Grund, nach einer Motividee von
Jentsch/Lukhaup
Schon eine 1858 anonym in Zweibrücken erschienene
Streitschrift gegen die staatlichen Trifteinrichtungen hatte im Zeitalter des
industriellen Aufschwungs die öffentliche Stimmung gegen diesen
Wirtschaftszweig aufgebracht (MEYER 1994, S. 194 ff.). Wichtigste Argumente
gegen diesen Holztransport waren Gegenüberstellungen von Kosten und Nutzen, im
einzelnen die hohen Personalkosten von Triftbeamten und zahllosen
Triftarbeitern, die Ausbauinvestitionen sowie die regelmäßig anfallenden
Reparaturkosten und Entschädigungen. Der Nutzen der staatlichen Intervention
wurde andererseits anerkannt, weil sie die Ausbildung von Preismonopolen
verhindere und um die regelmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Brennholz
bemüht sei.
In dem nunmehr fast verflossenen Jahrhundert nach der Holztrift im Pfälzerwald
ist festzustellen/ daß die baulichen Einrichtungen vor allem in den Arealen des
Staatsforstes fast unzerstört erhalten geblieben sind, während sie in den
zugänglicheren Tälern mit vielen Besuchern und privaten Anliegern oft der
mutwilligen Zerstörung anheimfielen. An einigen Orten sind die Klausen und
Wassereservoire in Fischzuchtanlagen umgewidmet worden, was ihrer Erhaltung
zugute kommt. Gleichzeitig können diese ehemaligen Stauteiche als
Regenrückhaltebecken dienen.
Streckenweise sind auch ausgemauerte Bachläufe erhalten geblieben. Nicht nur,
was eine geregelte Wasserwirtschaft anbetrifft, ist dieser Zustand positiv zu
bewerten, denn sie veranschaulichen einen traditionellen Betriebszweig der
Holzwirtschaft in diesem Gebiet. Dort, wo das Verbauungsmaterial von den Ufern
entfernt wurde, besteht die Gefahr des ungeregelten Abflusses unter
gleichzeitiger Überflutung des benachbarten Areals, was im Endeffekt weitere
Versumpfung und Verwahrlosung der typischen Wiesentäler des Pfälzerwaldes nach
sich zieht.
Im Hinblick auf die geschilderte kulturhistorische Bedeutung der Holztrift und
bestimmte Entwicklungsziele im Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald
erscheint es durchaus angebracht, die Trifteinrichtungen vor Ort zu erhalten, um
im touristischen Potential des Raumes einen weiteren Akzent zu setzen. Ansätze
dazu finden sich bereits im vormaligen Kerngebiet um Elmstein durch örtliche
Initiativen.
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