Der geteilte Bach
               
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Das Winzinger Wassergescheid bei Neustadt

(aus Sandsteinquadern erbaut seit mindestens 1569)

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Siehe auch Interaktive Karte Neustadt

Zwei Mal wird der Speyerbach künstlich geteilt: Am Winzinger Gescheid und am Hanhofer Gescheid. In beiden Fällen war eine effiziente Mühlenauslastung im Konflikt von Kurfürst und Bischof die Ursache.

1551 wurden die Bachprivilegien Speyers durch Kaiser Karl V. erneuert (StaSp I/U148). Hier ist erstmals von einem Gescheid bei Winzingen die Rede und daß der Bachlauf nicht mehr verändert werden dürfe. Die Unterhaltung des Baches vom Gescheid ab ist Sache des Bischofs und der Speyerer, das Gescheid muß jedoch zusammen mit dem Kurfürsten gemeinsam unterhalten werden.

Beim (Neu)Bau des Gescheides 1569 stimmte die Kurpfalz dem Projekt zu, da der Bischof sich verpflichtete, 2/3 der Kosten zu übernehmen.

Wie wichtig von allen Seiten ein guter Bau genommen wurde, zeigen die genauen Angaben der Vertragsvergabe an den Meister Hieronymus Morlock. Alles mußte mit fünfeckigen Quadern ausgeführt werden ("damit sie sich gut fügen"), 50 Schuh Länge sollten beide Flügel erhalten, das Bachbett mit achtzölligen Steinplatten ausgelegt, alles mit Eisenklammern zusammengehalten und mit Blei ausgegossen werden. Morlock muß lebenslänglich für die Güte des Bauwerks haften. Dafür erhielt er an Geld 312 Gulden, 30 Malter Korn, 2 Fuder Wein, je 1/2 Malter Erbsen, Gerste und "Beymehl". Die notwendigen Fuhren wurden in der Frohn geleistet.(STASp I/U1)   

Beim Winzinger Wassergescheid sorgt ein dreieckiger Quaderstein für eine gerechte Verteilung des Speyerbachwassers. 2/3 des Wassers gehen nach Speyer, 1/3 des Wassers zum Rehbach. Nach der Deutung der Inschrift (s.u.) ging es bei diesem Bauwerk in erster Linie um eine effiziente und gerechte Nutzung des Speyerbachwassers für die Mühlen, die ja die einzig nennenswerten "Kraftwerke" des Mittelalters bis in die beginnende Neuzeit waren.

Auf der dem Speyerbach zugewandten Seite steht heute noch eine Inschrift, die eine launige Begründung für die durch den Kurfürst von der Pfalz und den Fürstbischof von Speyer im Jahr 1569 vorgenommene Wasserverteilung gibt:

Rehbachseite mit Inschrift

 

UNS BEUDEN,CHUR UND FÜRSTEN

THUT NACH WASSER DÜRSTEN

NICHT NACH UNSERM MUND

SONDERN DAS DIE MÜLLER

RECHT MAHLEN KUNDT

Ein Vergleich mit der Inschrift auf der dem Rehbach zugewandten Seite zeigt, daß beide Inschriften im Jahr 1745 bei der Renovierung eingemeißelt sein müssen.

Speyerbachseite mit Inschrift

 

ALS

CARL THEODOR ZUR PFALZ CHURFÜRST,

FRANZ CHRISTOPH ZU SPEYER BISCHOF UND FÜRST,

DIESER WASSER-SCHAID SCHADHAFT WAR,

WURDE SOLCHES RENOVIERT

WIE ES SICH HAT GEBÜHRT

IM 1745 STEN JAHR.

Auf einem Quader unter der nachträglich angebrachten Inschrift steht der heute nicht mehr entzifferbare Originaltext, den man bei der Renovierung 1745 mit kleinen Änderungen auf den Dreieckstein übertragen hat. (Grünenwald, S. 147ff, StA SP, A2/43a)

UNS BEUDEN, CHUR UND FÜRSTEN

THUT NACH WASSER DÜRSTEN

NICHT NACH UNSERM MUND

SONDERN DAS BEIDERSEITS

UNSERE MÜLLER MAHLEN KUNDT

Es handelt sich um ein Wasserbauwerk aus Sandsteinquadern, das also mindestens bis ins Jahr 1551 (s.o.) zurückgeht. Alles deutet darauf hin, dass also schon vor der Errichtung des massiven Bauwerks der Rehbach hier abgezweigt wurde, aber wohl erst 1569 machte man dann "Nägel mit Köpfen".

Besonders in regenarmen Jahren wurden die bischöflichen und kurpfälzischen Mühlen durch die Flößerei finanziell sehr stark geschädigt, wenn sie über längere zeit nicht mahlen konnten. Ein auf mehreren Fundamenten verankerter Zaun sorgte für eine Trennung der getrifteten Holzmassen. Brennholz, Pfähle, kurze Balken und Fassdauben, die auf dem Flossbach um die Stadt herum geleitet wurden, trifteten von der Winzinger Scheide aus entweder auf dem Speyerbach in Richtung Speyer oder auf dem Rehbach in Richtung Altrip. Besonders während des Wiederaufbaus der Stadt Mannheim um 1710 herrschte auf dem Rehbach Hochbetrieb.

Als Kurfürst Karl Philipp die Schönfelder Salzhütte bei (Bad) Dürkheim übernommen hatte, ließ er 1740 durch den Mutterstadter Wald den Flossgraben nach Maxdorf und Frankenthal ausheben und stellte so eine Verbindung von Rehbach und Isenach her.

 

Das Hanhofer Wassergescheit

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Das Hanhofer Wassergescheit existiert als Sandsteinquaderbauwerk seit mehr als 200 Jahren, es wurde aus den Abrißsteinen des direkt benachbarten Wasserschlosses Marientraut erbaut und wurde 1994 renoviert. Es teilt den Speyerbach im Verhältnis 1:1.

Mit Sicherheit existiert eine Bachteilung an dieser Stelle allerdings schon sehr viel länger.

Zum Verständnis des wahrscheinlichen Ursprungs dieser Stelle sei auf das Kapitel "Der künstliche Bach" verwiesen. Das Hanhofer Gescheit resultiert wohl aus der Überschneidung des künstlich aus seinem ursprünglichen Tal herausgeführten Speyerbaches mit dem aus dem Südwesten heranfließenden Altbach.

M.Grund am Hanhofer Gescheit, rechts Speyerbach, links Woogbach

 

 

 

 

 

 

 

 


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