Bachbauphasen
               
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Die vermutlichen Bachbauphasen am Speyerbach im Überblick 

Wasserbau war ein fester Bestandteil des mittelalterlichen Lebens. Diese Maßnahmen vollzogen sich in mehreren Abschnitten, die zeitlich aber teilweise überlappend waren.

  • Siedlungen nur auf den Hügeln bzw. auf trockeneren „Sandinseln"- Schwemmfächer am Austritt der Gräben in die Rheinebene- Moor- und Sumpfzone in der Randsenke

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    Vorgeschichtliche Besiedelung des Speyerbach-Rehbachgebietes, aus "Jahresberichte des Nikolaus von Weis Gymnasiums, Speyer 1972, von Dr. Heinz Schimpf"

  • Bandförmige Durchstiche („Überläufe") durch die Hardtplatten- Moore und Riede im Tiefgestade

  • Höchstwahrscheinlich verlegen die Römer den Bachlauf zwischen dem heutigen Geinsheim und Speyer (siehe Kapitel "Der Bach vor Speyer"), spätestens wohl jedoch die Franken um das Jahr 800 n.Chr.

  • Erste Regulierung der Gräben zur Verhinderung von Überschwemmungen (bis etwa 1400 n. Chr.)

  • Sümpfe und Riede werden langsam trockener und nutzbarer- Moore weiterhin existent

  • Weiterhin jährliche Überschwemmungen der Randsenke- weitere Siedlungen auf den Schwemmfächern entstehen

  • Regelmäßiges Bachputzen —> Dämme entstehen- Feuchtzone wird besser nutzbar

  • Feuchtzone wird stellenweise gezielt aufgeschlämmt (trübgewässert)

  • Einführung der geregelten Wiesenwässerung, Moore gehen durch Melioration zurück

  • Riede / Sauerwiesen werden trübgewässert und umgebrochen

  • Trockenere Wiesen werden gewässert

  • Randsenke fällt weitgehend trocken

  • Wiesenwässerung wird eingestellt

  • Grundwasser sinkt ab

Nachdem die Bachbauer des Mittelalters es geschafft hatten, den Lauf vorhandener Bäche im Bereich der Randsenke zu putzen und einzudämmen, folgte die nächste Stufe der Trockenlegung: die Anlage von Drainagegräben. Diese hatten den Zweck, die Senke selbst zu entwässern und damit bewirtschaftbar zu machen. Angesichts der geringen Höhenunterschiede war dies nicht einfach, denn man mußte das Wasser an einer geeigneten (tieferliegenden) Stelle wieder in einen Bach zurückführen, da Hebewerke technisch nicht realisierbar waren. Am meisten beeindruckt uns daher die Leistung dieser Bachbauer des Mittelalters, die Höhenunterschiede von nur 1-2 Metern auf Strecken von mehreren Kilometern vemessungstechnisch bewältigen konnten. Neben den bachbegleitenden Abzugsgräben (die unter anderem die Wässer der Wiesenbewässerung wieder abführen mußten) gab es zusätzliche Entwässerungsgräben, die die Aufgabe hatten, besonders tiefliegende Areale zu entwässern.

Vernetzung der Bäche  

Im Hochmittelalter haben die ersten historisch gesicherten größeren Bachbaumaßnahmen stattgefunden, siehe z.B. Winzinger Wassergescheid. Hierbei handelt es sich um ein Wasserbauwerk zur Sicherung einer definierten Wasserverteilung, speziell für die zahlreichen Mühlen. Neben den bereits angesprochenen Motiven des Bachbaus finden wir auch Belege für den Wunsch, zwischen Wasserüberschuß- und Wassermangelgebieten zu vermitteln, um sowohl die Versorgungs- als auch die Entsorgungssicherheit zu erhöhen (wir würden heute von Redundanz sprechen). So begann man parallel zu den Entwässerungsmaßnahmen, die Bäche miteinander zu verbinden.  Ein beeindruckendes Beispiel ist hierbei das Winzinger Wassergescheid und das Hanhofener Wassergescheid. Im Zuge der Trift wurde schliesslich der Rehbach als ein Abkömmling des Speyerbaches über den künstlichen Flosskanal mit der Isenach, einem weiteren pfälzischen Bach verbunden.

Die Gräben und Bäche im täglichen Leben des Mittelalters

Wasser, Gräben und Bäche spielten im Leben einer mittelalterlichen Stadt bzw. eines Dorfes eine herausragende Rolle. Wenn von einem Nutzer das berechtigte Anliegen der Unterlieger schlicht übersehen und diesen „das Wasser abgegraben" wurde, ergaben sich mannigfache Probleme. Für uns klingt das heute wie ein Lausbubenstreich; tatsächlich war der Wasserdiebstahl ein schweres Vergehen. Eine besonders wichtige Funktion der Bäche war die Bereitstellung von Wasserkraft für die zahlreichen Mühlen. Die Mühlendichte war so hoch, wie es eben technisch möglich war. Allein im Neustadter Gebiet gab es bis zu 18 Mühlen, insgesamt von der Quelle bis zur Mündung ca. 35 Mühlen. Da die Wasserkraft nicht vermehrbar war und andere Energiequellen fehlten, gab es immer eine fatale Abhängigkeit von den Bächen. Die Müller konnten oft nur mit Mühe das erforderliche Mehl liefern, und ständige Reibereien zwischen diesen Müllern und den anderen Gewässernutzern waren die zwangsläufige Folge. In den Stadt- und Landesarchiven sind ungezählte Dokumente über Streitigkeiten und die Probleme der Müller, den Betrieb der Mühlen aufrecht zu erhalten. Daneben mußten die Bäche auch Frischwasser" für Waschzwecke liefern. Auch heute noch kennen wir die alten Waschplätze an den Bächen, die für uns im Elsaß und in Baden an vielen Orten ein pittoreskes Bild abgeben. Kaum jemand stellt sich dabei aber die reale Alltagssituation vor. Dieses Bachwasser war ja alles andere als Frischwasser, und dementsprechend dürfte die Arbeit nicht angenehm gewesen sein. Grund war die Funktion der Bäche als Kloake für die gesamten Abwässer einer Stadt. Da es keinerlei Kanalisation gab, konnten Unrat und Fäkalien nur mit dem Bachwasser aus der Stadt abgeleitet werden. Man muß sich den Betrieb einer mittelalterlichen Stadt hier­zu einmal vorstellen: Da waren die einfachen" häuslichen Abwässer, die in Form außenliegender Abtritte entweder auf die Straße oder in den Burggraben mündeten, da waren Fäkalien der zahlreichen Tiere einer Stadt usw.

Die Bäche als Transportweg für Handelsgüter

Es ist relativ wenig bekannt, daß auch in unserer Region, wenngleich sicherlich bei weitem nicht in dem Umfang wie etwa im Schwarzwald, Flößerei mit Brennholz betrieben wurde.

Mit absoluter Sicherheit gab es aber schon vor 1400 Flößerei auf dem Speyerbach. Bei den spärlichen Überlieferungen über die Flößerei bleibt unklar, wann die Flößerei einsetzte. Denn die ersten archivalischen Nachrichten belegen bereits eine vorhandene Flößerei auf pfälzischen Bächen. Die älteste Kunde bewahrt das sog. "Rote Buch" der Stadt Neustadt auf, das den Eid der Holzleger aus dem 14. Jahrhundert enthält und deren Befugnisse näher umschreibt. Somit wird ein Beruf genannt, der damals eine wichtige Rolle in der Energieversorgung der Stadt spielte. Da hier der Fall erwähnt wurde, daß mehrere Floße eintreffen konnten, darf gefolgert werden, daß die Flößerei bereits im regen Gange war. Die Holzleger waren städtische Bedienstete, die von der Stadt mit einem Jahresgehalt von einem Pfund Heller entlohnt wurden; außerdem erhielten sie für jedes Klafter aufgerichteten Holzes drei alte Heller bzw. später zwei Pfennige.

Einige Jahrzehnte später gibt eine genau datierbare Urkunde König ruprechts für Neustadt weitere Aufschlüsse über die mittelalterliche Flößerei. Die in der Heidelberger Residenz ausgestellte Urkunde vom 8. Mai 1403, die ebenfalls im Neustadt Archiv vorliegt, berichtet von Flößern, die das Holz aus den Wäldern den Speyerbach nach Neustadt flößen, offenbar schon seit langer Zeit. Neu war, daß einige kurpfälzische Amtsinhaber von den Flößern Abgaben erpreßten in Form von Hafer, Gänsen oder Geld. Auf die Bitten der Stadtväter greift der Landesherr und König ein und befreit die Flößer von jeder Abgabe für ewige Zeiten.

 

 

 

 

 

 

 

 


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